Profil:Kai Wegner

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(Foto: Christoph Soeder/dpa)

Der Bundestagsabgeordnete wird voraussichtlich der neue Chef der Berliner CDU.

Von Jens Schneider

Es sagt viel über die Berliner CDU, wie schnell sie den Rückwärtsgang eingelegt hat. Erst vor zwei Wochen kündigte der Bundestagsabgeordnete Kai Wegner aus Spandau an, dass er die bisherige Landesvorsitzende Monika Grütters ablösen wolle. Für Außenstehende war das eine Überraschung, er wurde erst mal belächelt. Ihm scheint zu fehlen, was viele Beobachter der Vorsitzenden zugetraut hatten: Die weltläufige Kulturstaatsministerin sollte aus der biederen, von Hinterzimmerabsprachen der mächtigen Kreisvorsitzenden geprägten Berliner CDU eine moderne Großstadtpartei machen. Weiblicher, jünger und offener sollte die Partei werden, um neue Wählerschichten anzusprechen. Nur so könnte es gelingen, wieder die politische Führung in der Hauptstadt zu übernehmen, nach fast zwei Jahrzehnten, in denen die SPD den Regierenden Bürgermeister stellt.

Aber nun ist Grütters im Grunde schon weg, am Freitag verzichtete sie zugunsten des Herausforderers. Der Rückzug der Vertrauten von Angela Merkel kann als weiterer Rückschlag für deren Bestreben verstanden werden, die CDU zu modernisieren. Grütters musste erkennen, dass Wegner in der Berliner CDU wohl eine klare Mehrheit gefunden hätte. Dabei war es diese alte CDU, die bei der Wahl 2016 ein Fiasko erlitt. Sie schnitt so schlecht ab wie nie zuvor. Ihr Generalsekretär war jener Kai Wegner, für den Grütters jetzt den Führungsposten räumen wird.

Damals beknieten die Funktionäre sie, sich auf die Führung der Partei einzulassen. Deren Kraft reichte zuletzt zwar nicht für einen Wahlsieg in der Stadt, aber immer für Intrigen, Postenschacher und interne Kämpfe. Grütters wollte einen Neuanfang, aber schon ihr Ersatzkandidat für Wegner als Generalsekretär wäre damals beinahe durchgefallen.

Heute sieht es so aus, als ob die Christdemokratin zwangsläufig gegen die alten Mächte verlieren musste. Grütters konnte einiges verändern, die Partei öffnete sich. Doch fast jeder Schritt war von Reibereien begleitet. Ihr wurde angelastet, dass sie zu selten in der Stadt präsent sei. Als "einer von hier" präsentiert sich dagegen Wegner: Er komme aus der Stadt, er brenne für Berlin. Er sei in den letzten Monaten viel unterwegs gewesen, "in Sportvereinen, in Schulen, in Polizeiabschnitten, bei Betriebs- und Personalräten, bei Feuerwachen", bekundet der bislang freilich wenig bekannte 46-jährige gelernte Versicherungskaufmann. Als Sohn eines Bauarbeiters komme er selbst aus "kleinen Verhältnissen". Die CDU müsse die "kleinen Leute" im Blick haben, "die morgens den Kindern das Butterbrot schmieren, zur Arbeit gehen, Steuern zahlen, sich abends bei einem guten Fußballspiel entspannen und am Wochenende mit ihren Kindern in den Zoo gehen".

Seine Biografie lässt erahnen, wie gut er in der CDU vernetzt ist. Mit 17 trat Wegner in die Partei ein, war Landesvorsitzender der Schüler-Union, später der Jungen Union. Er wurde Vertriebsmitarbeiter in einem Versicherungsunternehmen, wechselte zu einem Bauunternehmen, war dort in der Geschäftsleitung. Seit Jahren ist er CDU-Kreisvorsitzender in Spandau, und seit 2005 sitzt er im Bundestag, ist baupolitischer Sprecher der Fraktion.

Berlins CDU solle lauter werden, verlangt er und fordert eine "klare Kante bei Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit". Zugleich betont Wegner aber, dass auch er sich Berlin als eine liberale, weltoffene, pulsierende Metropole wünsche. Aber von Blättern der Hauptstadt wie dem Tagesspiegel wird seine erwartete Wahl als ein "Zurück in den Kleingarten" gewertet. Berlins CDU sollte angesichts vieler Mängel des rot-rot-grünen Berliner Senats unter dem oft überfordert wirkenden sozialdemokratischen Regierungschef Michael Müller Chancen haben. "Das sind Elfmeter für uns", sagt Wegner. Nur müsse man diese Elfmeter, kritisierte er, aber auch schießen wollen. Er lässt freilich offen, wer bei der nächsten Wahl gegen Müller antreten soll.

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