Profil:Josefina Vidal

Josefina Vidal

Kubas Frau für die Gespräche mit den USA: Josefina Vidal.

(Foto: Yamil Lage/AFP)

Kubas beste Amerika-Kennerin und Frau für die Gespräche mit den USA.

Von Boris Herrmann

Der alte Konflikt zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten ist nicht zuletzt ein Konflikt der Machos. Zehn US-Präsidenten und zwei Castro-Brüder haben diese bizarre Feindschaft ein halbes Jahrhundert lang sorgsam gepflegt. Jeder dieser Männer hat auf seine Weise dazu beigetragen, dass sich der Kalte Krieg in der Karibik bis ins Jahr 2015 ausdehnte. Und nun, da es endlich um die letzten Details einer friedlichen Koexistenz geht, müssen es die Frauen richten. Am Donnerstag beginnt in Washington die dritte und mutmaßlich entscheidende Verhandlungsrunde zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen. Es treffen aufeinander - in der blauen Ecke: Roberta Jacobson; in der roten Ecke: Josefina de la Caridad Vidal Ferreiro.

Die Jobs wurden keineswegs nach Quo-te vergeben, sondern nach Kompetenz. Jacobson ist die für Lateinamerika zuständige Staatssekretärin im US-Außenministerium. Vidal gilt schlichtweg als die beste Nordamerika-Kennerin im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kubas. Wenn sie nach Washington reist, kehrt sie in ihre alte Heimat zurück. Dort hat sie von 1999 bis 2003 gelebt und gearbeitet. Sie war die Generalsekretärin jener kubanischen Interessensvertretung, die möglicherweise noch im Mai die Lizenz erhält, sich kubanische Botschaft zu nennen.

Josefina Vidal, 54, hatte den diplomati-schen Flirt, der gerade die halbe Welt er-staunt, in gewissem Sinne schon vorweg-genommen. Auf einer Konferenz sagte sie vor einiger Zeit: "Kuba hat sich in den vergangenen zwei, drei Jahren stärker verändert als in den zwanzig Jahren davor." Das war 2013. Damals galt der Hass zwischen Washington und Havanna freilich noch als unerschütterlich. An einen Austausch von Botschaftern dachte niemand. Vidal soll auch eine der treibenden Kräfte bei den Geheimverhandlungen gewesen sein, die den koordinierten Fernsehansprachen von Barack Obama und Raúl Castro im Dezember vergangenen Jahres vorausgingen. Das heißt aber nicht, dass sie immer eine Freundin des Ausgleichs war.

Ihre Zeit in Washington endete 2003 nicht freiwillig. Sie verließ das Land, nachdem US-Präsident George W. Bush 14 kubanische Diplomaten wegen Spionageverdachts ausgewiesen hatte. Einer von ihnen war der damalige Konsul José Anselmo López, Vidals Ehemann. Unter Exilkubanern findet man durchaus einflussreiche Leute, die keinen Zweifel daran haben, dass auch die Gattin ihre Karriere in Geheimdienstkreisen begonnen hat.

Die Frau, die nun mit dem einstigen Klassenfeind verhandelt, galt jedenfalls lange Zeit als strikte Verfechterin des Kommunismus. In der Partei stand sie eher auf Seiten der Hardliner. Sie promovierte im Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen in Moskau, der russischen Kaderschmiede für Diplomaten. Ihre Biografie steht in gewissem Sinne stellvertretend für eine in Kuba immer noch recht spektakuläre Erkenntnis: Es ist möglich, sich zu wandeln.

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