Süddeutsche Zeitung

Profil:Johanna Uekermann

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Juso-Vorsitzende, die SPD-Chef Gabriel wieder einmal gehörig nervt.

Von Christoph Hickmann

Es gehört zu den Besonderheiten der Sozialdemokratie, dass die Genossen einander spinnefeind sein können und trotzdem untereinander stets beim vertraulichen oder zumindest Vertraulichkeit suggerierenden "Du" bleiben. Insofern war es schon eine Feindseligkeit der fortgeschrittenen Stufe, als Parteichef Sigmar Gabriel vor einiger Zeit in einer internen Sitzung von der (nicht anwesenden) Juso-Vorsitzenden als "Frau Uekermann" sprach. Alle Anwesenden verstanden die Botschaft.

Das Verhältnis zwischen Johanna Uekermann, 27, und Sigmar Gabriel, 55, muss man auch dann als mindestens schwierig bezeichnen, wenn man zugrunde legt, dass es gleichsam zur Berufsbeschreibung einer Juso-Chefin gehört, der Parteispitze auf die Nerven zu gehen. Am Mittwoch ist Uekermann nun mit einem weiteren Vorschlag aufgefallen, der Gabriel nicht unbedingt jubeln lassen dürfte: Über den nächsten SPD-Kanzlerkandidaten sollten alle Mitglieder abstimmen, sagte sie der Welt.

Das ist zwar erstens keine neue Forderung und entspricht zweitens auch noch ziemlich genau dem, was Gabriel selbst in der Vergangenheit zu seiner Idealvorstellung erklärt hat. Zum jetzigen Zeitpunkt allerdings bewirkt Uekermanns Anregung letztlich nur, dass wieder einmal die erbärmliche Lage der SPD in schönster Deutlichkeit zutage tritt - schließlich müsste es für eine Urwahl sinnvollerweise mehrere Kandidaten geben. Angesichts der Übermacht der Union aber werden Spitzengenossen wie Arbeitsministerin Andrea Nahles oder Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz nach derzeitigem Stand einen Teufel tun, sich um die Kanzlerkandidatur 2017 zu bewerben. Stattdessen ist Gabriel bislang der einzige ernsthafte Anwärter - gezwungenermaßen, weil er nun mal der Parteivorsitzende ist und schon vor der Wahl 2013 einen anderen, nämlich Peer Steinbrück, nach vorn geschoben hatte.

Vom Urwahl-Vorschlag mal abgesehen, drückt Uekermann mit ihrer ausdauernden Kritik an Gabriel allerdings eine Stimmung aus, die von vielen in der Partei, vor allem der Parteilinken, geteilt wird. Kürzlich warf sie Gabriel vor, aus der SPD eine Art "CDU light" machen zu wollen. Und ihre nun geäußerte Empfehlung, der Parteichef solle "ein Zeichen setzen und seinen Urlaub in Griechenland verbringen", dürfte nach Gabriels Volten auf dem Höhepunkt der Krise vielen Genossen gefallen.

Für Gabriel wiederum gehört Uekermann zu jener Sorte Sozialdemokraten, die aus seiner Sicht den Kontakt zum sogenannten wirklichen Leben verloren haben. Sie studierte Politikwissenschaft, arbeitet für einen SPD-Bundestagsabgeordneten und holte bei der Bundestagswahl 2013 im Wahlkreis Straubing gerade einmal 17,6 Prozent der Erststimmen. Wobei das Zweitstimmenergebnis bei 16,1 Prozent lag.

Ende des Jahres ist wieder Juso-Bundeskongress. Tritt Uekermann zur Wiederwahl an, dürften ihre Attacken auf Gabriel bis dahin kaum abnehmen. Sie kommen derzeit gut an.

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Quelle:
SZ vom 06.08.2015
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