Profil:Irmgard Griss

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Irmgard Griss, Top-Juristin aus Österreich, feiert ihre Wahlniederlage. (Foto: Heinz-Peter Bader/Reuters)

Die Top-Juristin aus Österreich feiert ihre Wahlniederlage.

Von Cathrin Kahlweit

Seit Irmgard Griss aus dem Rennen um die österreichische Präsidentschaft ist, weil sie zwar mit 19 Prozentpunkten einen Achtungserfolg erreichte, aber die Stichwahl verpasste, ist es um die ehemalige Chefin des Obersten Gerichtshofs nicht etwa ruhig geworden. Während andere unterlegene Kandidaten, etwa die Vertreter der Regierungsparteien, umgehend abtauchten, ließ sich die 69-Jährige erst einmal kräftig feiern. Sie strahlte nach ihrer knappen Niederlage so unverdrossen in die Kameras, als hätte sie die Sensation doch geschafft, die ihr viele zugetraut hatten: Sie war als Kandidatin für das höchste Amt im Staat angetreten, ohne Parteiapparat und ohne große finanzielle Mittel im Hintergrund, ohne hohen Bekanntheitsgrad und ohne politische Erfahrung im klassischen Sinne - und immerhin dritte geworden.

Jetzt warten Anhänger und Gegner der Juristin aus der Steiermark darauf, dass sie eine Wahlempfehlung ausspricht. Sie möge, heißt es allerorten, einen der beiden Männer, die am 22. Mai um das Amt des Bundespräsidenten konkurrieren, unterstützen und so klar zeigen, wo sie steht. Auf der Seite von Norbert Hofer, dem FPÖ-Mann, oder auf der Seite des Grünen Alexander van der Bellen, der nominell ebenfalls als Unabhängiger antritt. Aber sie mag nicht. Sie müsse mit ihrem Team sprechen und nachdenken, sagte Griss nach der Wahl. Offenbar denkt sie noch immer.

Nun mag man einwenden, dass Wahlempfehlungen nicht wahlentscheidend sind, und vielleicht sogar kontraproduktiv wirken können. Aber all jene, die der konservativen Bauerntochter mit Staatswissenschafts- und Jurastudium immer vorwarfen, sie sei in ihren Aussagen zu ungefähr, fühlen sich jetzt bestätigt. Wo Griss politisch steht, wofür sie sich einsetzen würde, das ist auch in diesem langen Wahlkampf nicht wirklich deutlich geworden. Sie wurde von den Neos, einer kleinen, liberalen Partei unterstützt, die nun für van der Bellen wirbt, aber Griss machte deutlich, dass sie sich ihren Unterstützern nicht verpflichtet fühle. Und sie sei sauer auf die Grünen und van der Bellen, heißt es, weil der ihr ein paar Sätze zum "Dritten Reich" im Munde umgedreht und sie in eine rechte Ecke gedrängt habe.

Ob sie nun eine eigene Partei gründen wird, ist noch nicht ausgemacht; neue Parteien haben es in Österreich schwer. Auch die Neos, die gut ausgebildetes und engagiertes Personal haben, kommen nur schwer aus der Gefahrenzone um die Fünfprozentmarke heraus. Aber es ist spürbar, dass die Neu-Politikerin, die vor zwei Jahren von der Regierung mit einem viel beachteten Untersuchungsbericht zum Skandal um die Hypo-Alpe-Adriabank beauftragt worden war, Spaß am Kämpfen entwickelt hat. Mit ihrer Kandidatur sei etwas in Bewegung geraten im Land, sagte sie, und es müsse endlich Schluss sein mit der Parteibuchwirtschaft und dem Proporz. Dass das wieder verstärkt diskutiert wird in Österreich - das zumindest hat ihr Einsatz bewirkt.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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