Profil:Ibrahim al-Assaf

Profil: undefined
(Foto: Ahmed Farwan/AFP)

Der Vertraute des saudischen Königs soll dessen ungestümen Sohn bremsen.

Von Dunja Ramadan

Fast drei Monate nach der Ermordung des regimekritischen Publizisten Jamal Khashoggi setzt der saudische König Salman auf Personalwechsel: Von nun an soll Ibrahim al-Assaf das Königreich im Ausland vertreten. Der 69-Jährige folgt auf Adel al-Dschubeir und ist alles andere als ein Neuling, von 1996 bis 2016 war er Finanzminister, außerdem ehemaliger saudischer Vertreter beim Internationalen Währungsfonds. Doch wegen sinkender Öleinnahmen musste der promovierte Ökonom unpopuläre Wirtschaftsreformen und Sparmaßnahmen umsetzen, weshalb man ihn Ende 2016 entließ und zum Staatsminister degradierte.

Ein Jahr später setzte ihn der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, kurz MbS, wegen des Verdachts auf Korruption mit hundert anderen Politikern, Prinzen und Geschäftsleuten im Hotel Ritz-Carlton in Riad fest. Die saudische Jugend feierte den jungen Kronprinz damals als furchtlosen Reformer, der keine Vetternwirtschaft kenne. Doch viele Saudis der älteren Generation hielten die Aktion für respektlos und unangemessen, waren darunter doch prominente Prinzen und Politiker. Al-Assaf, der in den Vorständen der staatlichen Erdölgesellschaft Aramco und des Staatsfonds sitzt, kam zwar einen Monat später wieder frei und konnte sein Vermögen behalten, doch seine politische Karriere schien beendet zu sein.

Die jetzige Ernennung zum Außenminister zeigt, dass König Salman politische Entscheidungen nicht vollkommen seinem machtgierigen Sohn überlassen will. Auch wenn er diesen bei der Kabinettsumbildung vergangenen Donnerstag auf seinem Posten als Verteidigungsminister beließ, kann es als Ansage an dessen Führungsstil verstanden werden: Salman setzt auf Erfahrung, auf Gesetztheit statt radikalen Aufbruch, den sein Sohn bislang verkörperte - und der ihm zum Verhängnis wurde. Der US-Senat machte ihn in einer Resolution Mitte Dezember "verantwortlich für den Mord" an Jamal Khashoggi. Der Regierungskritiker war am 2. Oktober verschwunden, nachdem er das saudi-arabische Konsulat in Istanbul betreten hatte. Erst nach wochenlangem internationalen Druck gab Riad zu, dass saudische Agenten den Journalisten getötet hatten.

Ibrahim al-Assaf betonte in seinem ersten Interview mehrmals, dass seine Ernennung als Außenminister nichts mit der Khashoggi-Affäre zu tun hätte, Saudi-Arabien befände sich auch nicht in einer Krise, sondern in einer Phase der Transformation - dennoch ist es für MbS letztlich ein Machtverlust. Al-Assaf gilt seit Jahrzehnten als dem König nahestehend, er vertrat ihn etwa 2017 beim G-20-Gipfel in Hamburg. Doch in den vergangenen Jahren verlor al-Assaf durch das Erstarken von Mohammed bin Salman an Einfluss. Nun soll er Salmans Lieblingssohn im Ausland wieder vermittelbar machen - und ihn gegebenenfalls bremsen.

Auch innenpolitisch soll seine Ernennung wohl die Wogen glätten: Im saudischen Königshaus wächst seit dem Mord an Khashoggi der Widerstand gegen Mohammed bin Salman als künftigen König. Wenn nun ein Vertrauter des Königs sich des außer Kontrolle geratenen Sohnes annimmt, könnte das die ältere, einflussreiche Riege im Königshaus wieder milde stimmen. Al-Assafs Vorgänger al-Dschubeir hingegen galt als Vertrauter des Kronprinzen. Er machte vergangenen November deutlich, dass die Monarchie in Riad keine Anschuldigungen gegen den Kronprinzen dulden werde. Er sprach von einer "roten Linie", die damit überschritten werde. Al-Assaf bestritt in dem Interview, dass sein Vorgänger herabgestuft worden sei, Dschubeir werde Saudi-Arabien weiter in aller Welt vertreten. Und dann fügte er hinzu: "Wir ergänzen einander."

Genau das dürfte auch die Strategie des neuen Ministers im Zusammenspiel mit MbS sein: Die Visionen der Jugend dürfen weiter existieren, doch auf das diplomatische Geschick der älteren Generation darf nicht mehr verzichtet werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: