Profil:Holger Hübner

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Erfinder des wilden Heavy-Metal-Festivals in Wacken: Holger Hübner. (Foto: Imago)

Der Erfinder des wilden Metal-Festivals Wacken verwandelt Lärm in Geld.

Von Angelika Slavik

Holger Hübner hat neulich einen interessanten Satz gesagt. Der Satz lautet: "Das Wichtigste ist, unsere Kunden zufriedenzustellen." Für fast jeden, der in irgendeiner Form am Wirtschaftsleben teilnimmt, wäre das ein recht erfolgversprechendes Prinzip. Bei Holger Hübner allerdings ist das komplizierter. In seinem Fall ist dieser Satz eine ziemlich harte Ansage, zumindest in seiner Szene.

Holger Hübner, 49 Jahre alt, ist der Gründer des Wacken Open Air, einer Veranstaltung, die "WOA" abgekürzt wird, was die musikalische Grundausrichtung ziemlich gut verdeutlicht. Wacken ist kein Ort für Justin-Bieber-Fans. Hier feiert man zu härteren Tönen, und man feiert sehr, sehr laut. Immer am ersten Augustwochenende eines jeden Jahres. Es gibt dann Bier aus Plastikbechern und Bands, die Powerwolf heißen oder Sabaton und die es niemals ins Radioprogramm schaffen werden von Hit-FM oder Bayern 3. Wenn es regnet, gibt es außerdem noch Unmengen Schlamm, was zu den Bildern führt, welche die meisten Menschen mit Wacken verbinden: zottelige Betrunkene in schwarzen Klamotten, die sich im Schlamm wälzen. Das mag aussehen wie die totale Anarchie, aber in Wirklichkeit ist es natürlich ein Geschäftsmodell. Das Geschäftsmodell von Holger Hübner.

Für den großen, bulligen Mann mit Sommersprossen und rotblondem Haarchaos auf dem Kopf begann das alles im Jahr 1990. Damals hatten er und sein Freund Thomas Jansen die Idee, auf einem Acker in dem 1800-Einwohner-Dorf Wacken in Schleswig-Holstein ein Heavy-Metal-Festival zu veranstalten. "Wir wussten damals gar nicht, wie man Open Air überhaupt schreibt", sagt Hübner. Ein Acker ohne Infrastruktur in einer Gegend ohne ernst zu nehmende Verkehrsanbindung drängt sich als Veranstaltungsort zudem nicht unbedingt auf. Dennoch kamen 800 Menschen. Im vergangenen Jahr, als das Festival zum 25. Mal stattfand, hatte es 85 000 Besucher. Auch diesmal sind alle Tickets längst weg.

Wacken ist ein Millionengeschäft geworden, Hübners Firma ICS ein hoch professioneller Veranstaltungsbetrieb mit etwa 50 Mitarbeitern. Holger Hübner, so könnte man das sehen, ist also ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Das Problem ist nur: Die Heavy-Metal-Szene versteht sich traditionell als Underground-Bewegung, skeptisch gegenüber allem, was sie als oberflächlich oder kommerziell empfindet. Der erfolgreiche Geschäftsmann Hübner findet deshalb nicht nur Bewunderer. Es gibt auch Menschen, die es schauderhaft finden, wenn er die Heavy-Metal-Fans "Kunden" nennt. Kunden, die zufriedenzustellen "das Wichtigste" sei.

Tatsächlich hat Hübner in den vergangenen Jahren nicht nur das Wacken-Festival bis an die Schmerzgrenze professionalisiert, er hat aus Wacken eine Marke gemacht. Eine Marke, die er nun für streitbare Projekte einsetzt: So kooperiert sein Unternehmen seit einiger Zeit mit dem Reiseveranstalter Tui. Gemeinsam bieten sie Heavy-Metal-Kreuzfahrten an: eine Woche Rundfahrt auf dem Mittelmeer, Bier, Bands und Currywurst an Bord, zu haben ab 799 Euro. Es ist dasselbe Schiff, auf dem eine Woche später wieder Rentner und Kleinfamilien das Buffet plündern, nur macht das Personal für die Heavy-Metal-Fans manchmal eine Gemüsedekoration in der Form eines Totenkopfs.

Holger Hübner lässt die Kritik daran an sich abtropfen. Er "verstehe", dass Menschen sagen, Heavy Metal müsse eine Underground-Bewegung bleiben, sagt er. Die Geschäfte mit Wacken baut er dennoch weiter aus. Neben den Reisen auf dem Kreuzfahrtschiff werden künftig auch Ski-Wochen angeboten: Im kommenden März sollen erstmals 3000 Metal-Fans gleichzeitig in einem Dorf in Österreich einfallen. Die Liftkarte ist im Arrangement schon eingeschlossen.

Am Ende, sagt Hübner, mache er den Menschen ein Angebot: "Wie jeder andere Dienstleister auch."

© SZ vom 01.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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