Profil:Hermann Otto Solms

Präsidiumssitzung vor dem FDP-Bundesparteitag
(Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Ein Liberaler, der nun doch noch seinen erhofften Auftritt bekommt.

Von Stefan Braun

Natürlich ist nicht bekannt, was Hermann Otto Solms am Donnerstag früh unter der Dusche gedacht hat. Sicher aber ist, dass der FDP-Politiker unter der Dusche viel nachdenkt. Es ist nämlich gar nicht so lange her, da hat der 76-Jährige an diesem Ort eine Rede entworfen. Eine, die er sehr gerne halten wollte. Und zu der er jetzt, quasi über Nacht, doch noch kommen dürfte. Nach einigen Turbulenzen der letzten Tage zeichnet sich ab, dass der Elder Statesman der Liberalen als Alterspräsident die erste Sitzung des neuen Bundestages mit einer kleinen Rede eröffnen wird. Ursprünglich sollte Wolfgang Schäuble das machen. Aber weil der in dieser Sitzung neuer Bundestagspräsident werden soll, kommt der Zweite zum Zuge. Und so kann Solms jene Rede halten, die er vor Monaten unter der Dusche entworfen hatte. Den Platz und den Ausblick von da oben wird Solms wiedererkennen. 33 Jahre lang war er Mitglied des Bundestages; insgesamt 15 davon ist er Vizepräsident gewesen, bevor es auch ihn 2013 mit der FDP aus dem Bundestag katapultierte. Erschöpft, zermürbt, enttäuscht wirkte er in den Tagen danach. Dabei lag es am wenigsten an ihm, dass damals alles schiefging. Er hatte vor den Wahlen 2009 mit Guido Westerwelle für eine große Steuerreform gekämpft und nach dem Wahltag gehofft, diese Reform als Finanzminister umsetzen zu dürfen. Westerwelle aber wollte es anders, und so war es vorbei mit dem großem Traum, ins Kabinett aufzurücken.

Doch so schmerzhaft das damals war, so viel Glück hat er heute. Denn von der alten Truppe der Liberalen um Westerwelle ist nur er übrig geblieben. Außerdem hatte er einen vergleichsweise sanften Übergang in die dunklen Jahre: Anders als die 92 übrigen Abgeordneten behielt der Hesse Solms ein passables Büro nebst sehr passabler Ausstattung. Für einen Vizepräsidenten des Parlaments gehört das zum Ausstieg.

Nun ist der Ex-Fraktionschef und Ex-fast-Finanzminister über die Jahre durchaus ein bisschen müder geworden, die Augen kleiner, die Stimme noch leiser. Aber als er am Sonntagabend in der überfüllten Parteizentrale wie alle FDP-Präsidiumsmitglieder die Treppe Richtung Atrium runtertänzelte, war auch ihm die Genugtuung anzumerken. Seine Augen leuchteten plötzlich; und sein Grinsen wurde so breit, wie man es dem sonst so zurückhaltenden Solms nicht zugetraut hätte. Wer so am Boden lag und wieder aufsteht, bezieht seine Kraft aus ganz neuen Quellen.

Dabei wäre vor vier Jahren um ein Haar alles vorbei gewesen. Als Lindner ihn das erste Mal bat, noch einmal Schatzmeister zu werden, winkte Solms ab - um am Tag darauf zu erklären, er werde nur weitermachen, wenn es einen umfassenden Neuanfang gebe. Und so wurde die FDP linksrum und rechtsrum runderneuert, nur Solms blieb der Alte. Für seine Rede als Alterspräsident hat er sich ein paar Regeln gegeben. "Es ist nicht einfach. Man darf auf keinen Fall zu lange sein; mehr als 15 Minuten sollten es nicht werden."

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