Profil:Guo Guangchang

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Chinesischer Milliardär, dessen Verschwinden Panik an der Börse auslöst.

(Foto: Eric Piermont/AFP)

Chinesischer Milliardär, dessen Verschwinden Panik an der Börse auslöst.

Von Christoph Giesen

Wo ist Guo Guangchang? Seit Donnerstagabend ist das eine der am häufigsten gestellten Fragen in China. Sitzt der Milliardär im Gefängnis, wird er von chinesischen Ermittlern vernommen? Oder hat er bloß sein Handy abgeschaltet? Begonnen hat das Rätselraten am Donnerstagabend. Da meldete das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin, dass der von Guo gegründete Mischkonzern, die Fosun Group, den Kontakt zu ihm, dem Aufsichtsratschef, verloren habe. Über eine mögliche Verhaftung wegen Korruptionsverdachts wurde spekuliert. In Chinas sozialen Netzwerken machte rasch das Gerücht die Runde, der 48-Jährige sei am Flughafen in Shanghai verhaftet worden. Am Freitagmorgen entschied sich die Hongkonger Börsenaufsicht, die Aktien von Fosun International, dem Investmentarm der Gruppe, und einer Pharma-Tochter vom Handel auszusetzen. Auch die Börse in Shanghai stoppte den Verkauf von Aktien weiterer Konzerntöchter.

Freitagabend teilte eine von Guos Firmen dann mit, er werde die Justiz bei den Untersuchungen unterstützen. Nähere Angaben zu seinem Aufenthaltsort machte sie nicht, erklärte aber: "Guo Guangchang kann in angemessener Form an wichtigen Entscheidungsfindungen teilnehmen." Der Grund für die vorherige Panik: Bei Korruptionsthemen liegt Caixin eigentlich immer richtig. Seit Staatschef Xi Jinping 2012 die Macht in China übernommen hat, fährt er einen Antikorruptionskurs, dem viele politische Rivalen zum Opfer gefallen sind. Offiziell richtet sich der Kampf sowohl gegen die Selbstbereicherung niederer Ränge als auch gegen die Großen, die Millionen zur Seite geschafft haben. "Tiger" nennt Xi sie. Auch auf die Geschäftsleute, die sich im Windschatten der Macht bewegen, hat er es abgesehen: auf die Finanziers der Funktionäre, die Aufträge zugeschanzt bekommen.

Oft laufen die Großwildjagden nach demselben Muster ab. Bevor es zu Degradierung, Parteiausschluss und einem Verfahren kommt, erscheinen Enthüllungsartikel in Zeitungen und Magazinen. Das ist auffällig in einem Land, das die Presse scharf kontrolliert. Der Caixin-Text konnte nur erscheinen, weil es in Peking keinen Widerspruch gab - sonst wäre der Text zensiert worden. Vor allem aber hätte sich ohne Billigung von oben niemals die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua zu Wort gemeldet. Doch genau das ist am Freitag geschehen. "Viele" brächten das Verschwinden von Guo Guangchang mit Ermittlungen in Verbindung, hieß es zweideutig in einer Meldung. Ist das der Anfang vom Ende einer der steilsten Unternehmerkarrieren Chinas?

Geboren wurde Guo 1967 , während der Kulturrevolution. Er wuchs als Kind einer Bauernfamilie in der Ostküstenprovinz Zhejiang auf. Nach seinem Philosophiestudium in Shanghai gründete er mit Kommilitonen eine Marktforschungsfirma. Bald wurde daraus ein weitverzweigter Mischkonzern. Die Regierung in Peking liberalisierte damals eine Branche nach der anderen, und Fosun war immer dabei: im Pharmasektor, in der Immobilienbranche und in der Stahlindustrie.

Rasch wuchs Fosun zu einem der größten privat geführten Unternehmen Chinas heran. Auch die Medien in der Volksrepublik wurden auf Guo aufmerksam; in den Klatschspalten diskutierten sie seine Ehe mit einer Shanghaier Fernsehmoderatorin, und in den Wirtschaftsteilen nannten sie ihn den "chinesischen Warren Buffett". Die gängigen Reichen-Listen taxieren sein Vermögen inzwischen auf etwa 7,3 Milliarden Dollar.

Vor Jahren begann Guo damit, den Konzern umzubauen. Fosun kauft sich seitdem verstärkt im Ausland ein. Am französischen Reiseveranstalter Club Med ist Fosun beteiligt, genauso wie an der Bekleidungskette Tom Tailor. In diesem Sommer kündigte Fosun an, die Mehrheit bei den deutschen Privatbanken BHF und Hauck & Aufhäuser übernehmen zu wollen. Mit diesen Vorhaben könnte es nun Probleme geben.

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