Profil:Gotabaya Rajapaksa

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(Foto: Eranga Jayawardena/AP)

Neuer Staatschef Sri Lankas und umstrittene Figur.

Von Arne Perras

Als Gotabaya Rajapaksa sah, dass ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen war, verkniff er sich Triumphgeheul. Stattdessen empfahl sich der 70-Jährige auf Twitter als sorgender Vater der Nation. Er wolle alle mitnehmen auf die Reise in eine neue Ära, versprach Rajapaksa, der am Montag als neuer Staatschef vereidigt wurde. Es waren Worte, wie sie Präsidenten sehr gerne sprechen, gerade in Ländern, die alles andere als geeint erscheinen.

Auf Sri Lanka haben Millionen Menschen unter 26 Jahren Bürgerkrieg gelitten, es kämpften separatistische "Tamil Tigers" gegen den von buddhistischen Singhalesen dominierten Staat, ein Konflikt, der an Brutalität kaum zu überbieten war. Seit zehn Jahren herrscht Stille auf den Schlachtfeldern, doch die Wunden konnten nie heilen. Tausende Familien suchen noch immer nach verschwundenen Eltern oder Kindern. Dass nun einer wie Rajapaksa die Wahl gewonnen hat, wird diesen Menschen, die überwiegend Tamilen sind, keine Zuversicht einflößen. Denn der Sieger bedient nationalistische Reflexe im buddhistischen Mehrheitsvolk der Singhalesen. Für die Belange der Tamilen interessieren sich diese Wähler kaum. Sie setzen darauf, dass Rajapaksa die Dominanz der religiös-ethnischen Mehrheit sichert. Der neue Präsident verspricht einen robusten Zentralstaat, der zugleich die Dominanz des Buddhismus garantiert.

Bei dieser Wahl profitierte Rajapaksa aber auch von einem weit verbreiteten Gefühl der Angst, das im April in die Köpfe gekrochen war. An Ostern schlugen islamistische Selbstmordattentäter zu, mehr als 250 Menschen starben bei den Attacken auf Kirchen und Luxushotels. In den Schock mischte sich Ärger über die Regierenden, die fahrlässig handelten. Warnungen der Geheimdienste hatten sie übersehen oder nicht ernst genommen.

Dieses Versagen rächte sich, spülte Rajapaksa in der Gunst der Wähler schnell nach oben. Als Ex-Verteidigungsminister, der unter der Präsidentschaft seines Bruders Mahinda die tamilischen Rebellen besiegte, schien er wie geschaffen für die Rolle eines Beschützers. Dass er dem reichsten Politikerclan entstammt und einen Wahlkampf finanzieren konnte wie keiner anderer, verschaffte ihm weitere Vorteile. Da machte es auch nichts mehr aus, dass ihm jedes Talent für mitreißende Reden fehlt. Neben seinem charismatischen Bruder Mahinda wirkt er blass.

Rajapaksa will nun seinen Bruder ins Amt des Premiers befördern. Für einige ist das eine beängstigende Vorstellung. Der Präsident dürfte auch weiterhin eine polarisierende Figur bleiben, die einen verehren ihn als Helden, weil er den Krieg mit eiserner Faust beendete. Die anderen sehen in ihm einen Feldherrn, der sich Untersuchungen wegen möglicher Kriegsverbrechen stellen sollte.

Über Versöhnung sprach Gotabaya nicht viel, er vermittelte eher die Botschaft: Schwamm drüber. Während seine Anhänger glauben, dass er der Wirtschaft einen Schub verschaffen wird, weckt die Rückkehr des Clans bei Kritikern düstere Erinnerungen. Als die Rajapaksas von 2005 bis 2015 an der Macht waren, verschwanden Oppositionelle und Journalisten, die Korruptionsvorwürfen nachspürten. Zum Symbol der Repression wurden weiße Transporter, in denen Menschen verschwanden und nie mehr auftauchten. In dieser Zeit wuchs auch die Angst vor Gotabaya.

Der Clan stützte seine Macht damals auch auf eine enge Allianz mit China. Peking erkaufte sich mit Krediten geostrategisch wertvollen Einfluss im Indischen Ozean, was besonders Indien alarmierte. Diese Sorgen erwachen nun erneut, wobei nicht sicher ist, ob der neue Präsident tatsächlich so nahe an China heranrücken wird wie einst Bruder Mahinda. Gotabaya hat auch gute Verbindungen in die USA, was im Westen Hoffnungen nährt, dass Colombo seine Interessen künftig stärker zwischen Washington und Peking ausbalancieren könnte.

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