Süddeutsche Zeitung

Profil:François Pinault

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Der diskrete Milliardär bereichert Paris um seine Sammlung moderner Kunst.

Von Joseph Hanimann

Für die Diskretion dieses Mannes gibt es nur eine Vergleichsgröße: seinen persönlichen Reichtum. Als der Franzose mit seinem auf sechs Milliarden Euro geschätzten Vermögen vor 16 Jahren ankündigte, er wolle für seine private Kunstsammlung in Paris ein Museum bauen, erfuhren viele erst, dass er eine Kunstsammlung hat. Die Leidenschaft für die moderne Kunst war damals auch für ihn selber noch relativ neu. Der 1936 in Nordfrankreich Geborene, der die Schule noch vor dem Abitur verlassen hatte, kam erst als Fünfzigjähriger auf den Kunstgeschmack.

Davor war Pinault damit beschäftigt, sein Industrie- und Finanzimperium aufzubauen. Nachdem er als junger Mann seinem Schwiegervater die Sägerei abgekauft hatte, brachten ihn der vorteilhafte Erwerb von Krisenunternehmen und Börseninvestitionen in den Besitz von Warenhäusern, Medien und Luxusmarken wie Gucci. Im Jahr 1998 erwarb er für gut eine Milliarde Euro das Auktionshaus Christie's.

François Pinault verstand es auch, enge politische Beziehungen insbesondere zum Staatspräsidenten Jacques Chirac aufzubauen. Dabei gelang es diesem Mann, trotz der zielstrebigen Härte seiner Geschäftsführung, als beinahe sanfte, bescheidene Persönlichkeit zu erscheinen. Seine allmählich entflammende Liebe zur Kunst tat das Ihre dazu, vor allem, als er die Geschäftsführung langsam seinem ältesten Sohn übertrug und sich vermehrt seiner Kunstsammlung widmete.

Sein Kunstinteresse hatte praktisch aus dem Nichts angefangen, mochte ihm auch seine zweite Frau, eine Antiquarin, zu einigen Grundbegriffen verholfen haben. Er fand aber die richtigen Berater wie den ehemaligen Kulturminister Jean-Jacques Aillagon. Und da Geld eine geringe Rolle spielte, kam eine der bemerkenswertesten Privatsammlungen der Welt für moderne und zeitgenössische Kunst zustande, mit gut 2000 Werken. Picasso, Brancusi, Modigliani, Mondrian bilden den Grundstock einer Stilrichtung, die eher aufs Visuelle als auf Konzeptkunst aus ist und über Andy Warhol, Richard Serra, Damien Hirst, Jeff Koons, Bill Viola bis in die Gegenwart reicht.

Es lag an der Unentschlossenheit der Lokalbehörden, dass ein Museumsprojekt mit einem Neubau des japanischen Architekten Tadao Ando für diese Werke auf dem ehemaligen Renault-Areal in Paris vor elf Jahren nicht zustande kam. Doch selbst da begnügte Pinaults Ärger sich mit einem schroffen "Bitte schön!".

Dann ging er mit seiner Sammlung nach Venedig in den Palazzo Grassi. Von dort kehrt er nun nach Paris zurück ins Gebäude der ehemaligen Handelsbörse, welche die Stadt ihm für die nächsten 50 Jahre überlässt. Es ist, als hätte es Pinault gewurmt, dass sein Rivale Bernard Arnault vom Luxuskonzern LVMH, mit dem er geschäftlich schon öfter zu tun hatte, mit seiner Fondation Louis Vuitton in Paris so konkurrenzlos dasteht. Fortan sind sie zu zweit. Kulturpolitik wird eine Sache für Industriekapitäne.

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Quelle:
SZ vom 29.04.2016
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