Profil:Ferda Ataman

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(Foto: Jürgen Heinrich/imago)

Warum die Journalistin Innenminister Horst Seehofer ärgert.

Von Dominik Fürst

Ferda Ataman antwortete mit Charme, als die Rede auf Horst Seehofer kam. Der CSU-Politiker war am Mittwoch dem Integrationsgipfel im Kanzleramt ferngeblieben, der zum insgesamt zehnten Mal, aber erstmals ohne Innenminister stattfand. Begründet hatte Seehofer seine Absage mit einem Artikel der Journalistin Ataman, in dem diese Seehofers Heimatministerium der "Symbolpolitik für potenzielle rechte Wähler" bezichtigte. "Ich finde es sehr schade", sagte Ataman als Teilnehmerin des Gipfels zu Seehofers Reaktion und erklärte, sie stehe dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten eigentlich sehr nahe: "Ich fühle mich ihm verbunden, weil wir eine Heimat teilen."

Ferda Atamans Heimat ist Nürnberg, zur Welt kam sie 1979 in Stuttgart. In Bayern fühlt sie sich zu Hause, was Seehofer gut finden dürfte, aber ihr Thema ist die Vielfalt in der Heimat, weshalb es sie nach Berlin gezogen hat. Dort lässt sich die multikulturelle Gesellschaft Deutschlands am allerbesten beobachten. Ataman, die türkische Eltern hat, ist Journalistin und Kolumnistin, sie hat für die Süddeutsche Zeitung und den Tagesspiegel geschrieben und schreibt für Spiegel Online.

Wer ihre Kolumnen liest, bekommt eine Ahnung von ihrer fröhlichen Natur, mit der sie ihren ernsten Anliegen die Schwere nimmt. "Schafft den Migrationshintergrund ab", forderte sie vor Kurzem in einem Text, in dem sie nebenbei beschreibt, wie die ARD einmal ohne Not die türkischstämmigen Menschen in Deutschland auf viereinhalb Millionen bezifferte, obwohl es offiziell und statistisch erfasst 2,8 Millionen sind.

Weggefährtinnen beschreiben Ataman als optimistisch und engagiert. Sie hat den Mediendienst Integration mit gegründet und auch die Neuen Deutschen Medienmacher, außerdem ist sie Sprecherin der Neuen Deutschen Organisationen. Ziele der Zusammenschlüsse: mehr Vielfalt und mehr Weltoffenheit in der deutschen Gesellschaft und den Medien.

Ihr von Seehofer als Beleidigung empfundener Artikel über Heimat erschien in einer Beilage der Amadeu-Antonio-Stiftung in der taz. Der Innenminister soll sich vor allem an einer Stelle gestoßen haben: Ataman warnt da vor einer Debatte, die Heimat als "Blut und Boden" definiere. Seehofer fühlte sich dem Vernehmen nach in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt. Ataman sagt, sie könne Seehofers Ärger nicht verstehen, "weil es da keinen 'Blut und Boden'-Vergleich gibt, den er persönlich nehmen könnte". Und es ist an der Stelle tatsächlich nicht die Rede von Seehofer.

An Seehofer dürfte vielmehr der Appell am Ende von Atamans Artikel gerichtet sein: Sie fordert, Deutschland als Heimat der Erinnerungskultur, der Weltoffenheit und der Toleranz zu definieren. Vielleicht aber hat der Innenminister auch einfach einen Grund gesucht, um nicht am Integrationsgipfel teilzunehmen. Sein Streit mit Kanzlerin Angela Merkel in Fragen der Asylpolitik könnte das wahre Motiv für die Absage gewesen sein.

Ferda Ataman hat die Veranstaltung auch ohne Horst Seehofer gut überstanden. Bei der Abschluss-Pressekonferenz saß sie zusammen mit der Kanzlerin und deren Integrationsbeauftragter Annette Widmann-Mauz auf der Bühne und schilderte dort noch einmal ihr Anliegen. "Unser Land war schon immer von Migration geprägt, nicht erst seit wenigen Jahren", sagte sie, und dass man Flüchtlinge nicht am Aussehen erkennen könne, "genauso wenig, wie man Deutsche am Aussehen erkennen kann".

Ataman wünscht sich einen positiven Heimatbegriff, der die Vielfalt im Land in sich aufnimmt. Die derzeitige Debatte muss sie da zwangsläufig enttäuschen: "Wenn Politiker von Heimat sprechen, dann tun sie das leider oft in einem Rahmen, der uns ausgrenzt. Die derzeitige Diskursverschiebung in Deutschland ist für uns spürbar: Wir fühlen uns in diesem Land manchmal nicht mehr sicher - in unserem Land."

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