Weltrekordler Eliud Kipchoge:Er wollte eigentlich im Büro arbeiten

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  • Eliud Kipchoge begann erst mit 16 Jahren mit dem Laufen. Seit dieser Zeit hat er denselben Trainer.
  • Er kommt aus dem Hochland von Kenia - einer Region, die viele Weltklasseläufer hervorgebracht hat.
  • Er führt immer noch ein spartanisches Leben. Auch als Millionär macht er Toilettendienst.

Von Bernd Dörries

Als kein Geld mehr da war, begann Eliud Kipchoge zu rennen. Als Kind war er jeden Tag die vielen Kilometer zur Schule getrottet, als Jugendlicher hatte er für die Familie die Milch der Kühe aus der Umgebung eingesammelt. Als Erwachsener sah er sich eher sitzend, wollte an der Universität Personalmanagement studieren und in einem schönen Büro arbeiten. Doch dafür hatte die Familie kein Geld. Also wählte Kipchoge den anderen Weg, der im Hochland von Kenia die Chance zu Reichtum verspricht, oder zumindest zu einem regelmäßigem Einkommen: Mit 16 Jahren wurde er Läufer.

Siebzehn Jahre später ist Kipchoge ein reicher Mann und seit Sonntag auch endgültig der beste Marathonläufer der Welt. Mit einer Fabelzeit von 2:01:39 gewann er den Berlin-Marathon und unterbot den bisherigen Weltrekord um eine Minute und 18 Sekunden. Für seinen Sieg bekommt Kipchoge 120 000 Euro Preisgeld, aber wegen des Geldes rennt er wohl schon lange nicht mehr. Mehrere Millionen Euro Preisgeld hat er in seiner Karriere bereits erlaufen, für ihn geht es mittlerweile eher um die großen Rekorde, ein Stückchen Ewigkeit.

"Kein Mensch ist limitiert, es sind die Menschen, die sich Grenzen setzen", sagt Kipchoge gerne. Er hat eine umfangreiche Bibliothek, die von Ratgebern bis zu Aristoteles reicht, Bücher, aus denen er sich Notizen macht, Weisheiten notiert, die ihn manchmal klingen lassen wie einen wandelnden Sprüchekalender. "Nur die Disziplinierten sind frei im Leben. Wenn man nicht diszipliniert ist, ist man ein Sklave seiner Stimmungen." Sätze wie dieser sind auch seine Antwort darauf, warum die Läufer aus dem Rift Valley, dem Hochland in Kenia und Äthiopien, seit vielen Jahren die Langstrecken im Laufsport dominieren. Disziplin und der absolute Wille zum Erfolg seien das Wichtigste, sagt Kipchoge.

Dazu kommt der Standortvorteil, in mehr als 2000 Meter Höhe produziert der Körper mehr rote Blutkörperchen, die für den Transport des Sauerstoffes zuständig sind und im Flachland wie ein Turbo wirken. Wissenschaftler wollen zudem entdeckt haben, dass manche Stämme in Kenia einen besonders günstigen Körperbau besitzen: Sie sind etwas kleiner, haben aber längere Arme und Beine.

All das wusste Kipchoge nicht, als er sich mit 16 Jahren für das Laufen entschied. Was er wusste, war, dass es sein Nachbar Patrick Sang mit dem Laufen zu einigem Reichtum gebracht hatte, als Einziger weit und breit. Viele kenianische und äthiopische Läufer beginnen ihre Karriere in der Schule, sie nehmen an regionalen Wettbewerben teil, die Erfolgreichen werden dann in eines der Leistungszentren geschickt. Kipchoge begann erst spät, als er nach der Schule keine andere Chance sah. Er bat den Nachbarn Sang um Hilfe, der bis heute sein Trainer ist und schon damals nicht viel von der Theorie hielt, Läufer über Jahre hinweg langsam an Höchstleistungen heranzuführen. Kipchoge wurde bereits mit 18 Jahren Weltmeister über 5000 Meter. Auf die Frage, ob Doping bei seinen unglaublichen Erfolgen eine Rolle spiele, sagt Kipchoge: "Es ist ganz einfach harte Arbeit."

Seit fünf Jahren läuft er die Marathondistanz und startet wie fast alle Top-Athleten in dieser Disziplin nur zu etwa zwei Rennen im Jahr. Der Rest ist Training, von Montag bis Samstag ist er im Trainingslager. Es ist ein spartanisches Leben, um fünf Uhr wird aufgestanden, nach zwei Einheiten mit insgesamt etwa 30 Kilometern bereiten die Läufer selbst das Essen zu, holen am Brunnen Wasser und machen die Zimmer sauber, auch der Millionär Kipchoge ist angeblich immer wieder für den Toilettendienst eingeteilt. Ausschweifende Partys sind von ihm selbstverständlich nicht bekannt, am freien Sonntag geht er mit seiner Familie in die Kirche, sein Geld hat Kipchoge in Immobilien und eine Farm investiert. Seine Kinder werden wahrscheinlich keine Läufer werden müssen.

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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