Profil:Edir Macedo

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(Foto: oh)

Evangelikaler Fernsehprediger in Brasilien. Sehr reich, sehr reaktionär, sehr einflussreich.

Von Boris Herrmann

In seiner Autobiografie hat der evangelikale Bischof Edir Macedo vor zehn Jahren seine Ambitionen klar beschrieben: die Verwandlung Brasiliens in einen Gottesstaat. "Die Anzahl der Evangelikalen kann jede Wahl entscheiden, egal ob für die Legislative oder die Exekutive", steht da. Die Statistiker scheinen Macedo recht zu geben. Noch ist Brasilien das Land mit den meisten Katholiken weltweit, aber das Wörtchen "noch" ist entscheidend.

Laut dem nationalen Statistikinstitut hat Brasiliens katholische Kirche in diesem Jahrhundert 465 Gläubige verloren. Pro Tag. Die evangelikalen Kirchen gewinnen täglich etwa zehn Mal so viele Anhänger hinzu. Wenn das so weitergeht, könnten sie in gut zehn Jahren die Mehrheit im Land stellen. Eine möglicherweise wahlentscheidende Gruppe bilden sie schon heute. Denn während die katholische Wählerschaft sich auf alle politischen Lager verteilt, stimmen die Evangelikalen fast geschlossen rechtskonservativ. Und niemand verkörpert den Einfluss der Religion auf die Politik in Brasilien besser als Edir Macedo.

Der Gründer und Anführer der neupfingstlichen "Igreja Universal do Reino de Deus", der Universalkirche vom Reich Gottes, hat sich in der Präsidentschaftswahl für den rechtsradikalen Kandidaten Jair Bolsonaro ausgesprochen. Per Facebook. Es ist wohl kein Zufall, dass Jair Bolsonaro seit diesem Bekenntnis in den Umfragen nach oben schoss und nach der Stichwahl am Sonntag auch den Sieg davontrug. Macedos Universalkirche mag nicht die größte des Landes sein, aber sie ist die politischste - und die mit dem professionellsten Marketing. Der parlamentarische Arm dieser Kirche ist die Partei PRB, der auch Rios evangelikaler Bürgermeister Marcelo Crivella angehört, Macedos Neffe.

Edir Macedo, 73, verdingte sich in jungen Jahren als Wanderprediger und verkaufte Lotterielose. Später eignete er sich erstaunliche Fähigkeiten auf dem Gebiet der telegenen Wunderheilung an. Viele seiner Anhänger glauben daran, dass er Brot durchs Radio segnen und Wasser aus dem Fernseher heraus weihen kann. 1977 gründete er in Rio die Universalkirche. Zum Bischof hat er sich selbst ernannt. Die Kernaussage von Macedos Predigten lautet, dass nur derjenige in den Himmel kommt, der rechtzeitig ein Eintrittsticket erwirbt. Das Versprechen auf Erlösung kann man inzwischen zumindest in einigen seiner Kirchen mit Kreditkarte begleichen. Heute ist Edir Macedo einer der reichsten Unternehmer Brasiliens. Sein Vermögen wird auf rund eine Milliarde US-Dollar geschätzt.

Im Jahr 1998 kaufte er Rede Record, das älteste und zweitgrößte TV-Netzwerk Brasiliens. Das Programm besteht vor allem aus moralischer Lehrmeisterei, die erfolgreichste Sendung ist die Moses-Telenovela "Die Zehn Gebote". Spätestens im Wahlkampf 2018 ist es aber auch zu einer politischen Plattform geworden. Jair Bolsonaro hat mit Verweis auf seinen Gesundheitszustand nach der Messerattacke von Anfang September alle Fernsehduelle abgesagt. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, zeitgleich zur traditionellen Debatte aller Spitzenkandidaten beim Sender "TV Globo", ein Exklusivinterview bei TV Record zu geben, auf jenem Kanal also, der seinem prominenten Unterstützer Edir Macedo gehört.

Bolsonaro ist eigentlich Katholik. Allerdings ließ er sich vor zwei Jahren im Jordan zusätzlich noch von einem evangelikalen Pastor taufen. Er hat es, auch mit Macedos Hilfe, geschafft, sich als der Kandidat aller Christen zu positionieren. Sein Wahlspruch lautete: "Brasilien über alles, Gott über allen". Den Ex-Fallschirmjäger Bolsonaro und den Fernsehprediger Macedo eint ihre offene Homophobie, ihre radikale Ablehnung der Abtreibung sowie ihr Kreuzzug für das, was sie "traditionelle Familienwerte" nennen. In der strukturkonservativen brasilianischen Gesellschaft ist das eine so unheimliche wie mächtige Allianz.

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