Profil:Dirk Messner

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(Foto: dpa)

Versierter neuer Chef-Kritiker der deutschen Umweltpolitik.

Von Michael Bauchmüller

Unter den 94 oberen Bundesbehörden ist das Umweltbundesamt gewiss eine der interessantesten: Sie arbeitet der Regierung zu, steht aber immer auch neben ihr, mit kritischem Blick. Mit ihren Kommentaren zur Politik agiert die Behörde nicht selten wie eine regierungsinterne Umweltschutzlobby. Und weil sie sich mit dem Bundesadler schmücken kann, tut sie das stets mit offiziellem Anstrich. Das macht sie einflussreich.

Diese besondere Behörde des Bundes bekommt nun einen besonderen Chef. Zum Januar soll Dirk Messner dort als Präsident antreten, er folgt auf Maria Krautzberger, die dann in Ruhestand geht. Doch anders als Krautzberger kommt Messner nicht aus der öffentlichen Verwaltung; er hat auch nicht, wie sein Vorvorgänger Jochen Flasbarth, Wurzeln in der Umweltbewegung. Messner kommt aus der Wissenschaft, er ist Politologe.

Wissenschaftlich verorten lässt sich der 57-Jährige trotzdem nicht leicht. Gäbe es diese Disziplin, wäre er wohl eine Art Experte für vernetztes Denken und Handeln. Seit 2004 ist Messner Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für globale Umweltveränderungen, seit 2013 als einer von zwei Vorsitzenden. Der Beirat berät die Bundesregierung, in Messners Zeit fallen Gutachten zum "Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation", also den klimafreundlichen Umbau von Industriestaaten. Oder, im vorigen Jahr, ein Sondergutachten zu einer "Weltbürgerbewegung" zum Klimaschutz. Darin forderte der Beirat unter anderem "Klimapässe" für Menschen, deren Heimat der Erderhitzung zum Opfer fällt - damit diese leichter bei den Verursachern der Probleme Schutz suchen können. Zuletzt ging er der Frage nach, wie die Digitalisierung der Nachhaltigkeit nutzen kann, statt sie mit noch mehr Verbrauch an Gütern und Energie zu unterwandern.

15 Jahre lang beschäftigte sich Messner vor allem mit Nord-Süd-Fragen, als Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik. Parallel baute er ein Forschungszentrum an der Uni Duisburg-Essen mit auf, das sich der Kooperationsforschung widmete, über Kulturen hinweg - zusammen mit Evolutionsbiologen und Anthropologen. An der Universität der Vereinten Nationen in Bonn leitete er zuletzt eine Abteilung für Umwelt und globale Sicherheit. Diese Kombination aus Entwicklungspolitik, Kooperations- und Nachhaltigkeitsforschung macht die Personalie so spannend.

Messner, sagt Umweltministerin Svenja Schulze, sei "der richtige Mann zur richtigen Zeit". Dafür spricht viel, denn die Umweltpolitik wird zunehmend zu einer Umbaupolitik, die Grenzen sprengt, zwischen Staaten und wissenschaftlichen Disziplinen. "Die Idee ist, die nachhaltige Transformation ins Zentrum zu stellen", sagt Messner selbst. "Und das stärker international." Nicht, ohne in aller Bescheidenheit nachzuschieben: "Ich hoffe, das gelingt auch so."

Das wird Konflikte mit sich bringen, seine Vorgänger können ein Lied davon singen. Denn bei aller wissenschaftlichen Unabhängigkeit bleibt das Umweltbundesamt eben immer eine obere Bundesbehörde, die dem Umweltministerium unterstellt ist. Nicht jede Erkenntnis der Dessauer Behörde durfte deshalb in die Öffentlichkeit, nicht jede Pressemitteilung versendet werden. Nicht selten war die Luft zwischen Umweltbehörde und -ministerium dick. Freigeschwommen aber haben sich bisher alle Präsidenten, und sei es durch Interviews, in denen sie jene Erkenntnisse preisgaben, die auf anderem Wege nicht publik werden durften. Das verfehlte seine Wirkung nie.

Mit derlei Fragen will sich Messner noch nicht befassen. Zunächst gehe es ihm darum, Wissen zu bündeln und diejenigen Akteure zusammenzubringen, die den Wandel vorantreiben können. Er ist schließlich auch Experte für Zusammenarbeit. Eines seiner letzten Werke hieß: "Globale Kooperation und der menschliche Faktor".

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