Profil:Diane Kruger

Deutscher Filmstar mit Chancen auf die Goldene Palme beim Festival in Cannes.

Von David Steinitz

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(Foto: Andreas Rentz/Getty Images)

Die schönste Frau der Welt zu erwürgen - das ist natürlich Chefsache. In der Nazi-Groteske "Inglourious Basterds" sollte die Schauspielerin Diane Kruger eigentlich von ihrem Kollegen Christoph Waltz stranguliert werden. Aber Regisseur Quentin Tarantino bestand darauf, für die Nahaufnahme selbst seine Hände um ihren Hals zu legen, weil nur er das richtig authentisch könne.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Etikett "schönste Frau der Welt" schon längst ein absurdes Eigenleben entwickelt. Kruger war 2004 durch ihre Rolle als Helena im Monumentalfilm "Troja" in Hollywood berühmt geworden. Sie hatte sich angeblich gegen 3000 andere Bewerberinnen beim Casting durchgesetzt, und von da an brüsteten sich Filmemacher gern damit, die schönste aller Schauspielerinnen vor der Kamera zu haben. Seitdem hat die Deutsche kräftig gegen dieses Image angespielt, sich auf Charakterrollen gestürzt, die mehr als ihre Modelmaße verlangten. Auch ihr Drama "Aus dem Nichts", das am Freitag im Wettbewerb von Cannes Weltpremiere feierte und um die Goldene Palme konkurriert, die am Sonntagabend verliehen wird, ist ein hartes Anti-Helena-Programm.

Nach Jahren des Erfolgs im Ausland ist der Film von Fatih Akin tatsächlich ihre erste Rolle in ihrer Muttersprache Deutsch. Kruger spielt darin die Frau eines Deutschtürken, der mit dem gemeinsamen Sohn bei einem Bombenanschlag in Hamburg ums Leben kommt. Ein Neonazipärchen wird der Tat verdächtigt, aber vorerst freigesprochen, und die Mutter entschließt sich, selbst Rache zu nehmen. Die Geschichte ist lose inspiriert von den Morden des NSU, ein böser politischer Kommentar im Gewand eines Thrillers. Kruger spielt die Frau im Ausnahmezustand als toughes St.-Pauli-Mädchen mit Tätowierungen und könnte eine Kandidatin für die Darstellerpreise sein.

Ihr großes Vorbild für die Schauspielkarriere ist Romy Schneider, die es schaffte, die Grenzen des deutschsprachigen Raums zu überwinden und international ein Star zu werden. Kruger wurde 1976 als Diane Heidkrüger in Algermissen in Niedersachsen geboren. Mit 15 nahm sie an einem Schönheitswettbewerb teil und zog nach Paris, um als Model zu arbeiten. Der Laufsteg reichte ihr aber bald nicht mehr. Schon mit 22, als ihre Modelkarriere noch voll im Gang war, teilte sie ihrem Agenten mit, dass sie keine Lust mehr auf den Job habe und sich an einer Schauspielschule in Paris einschreiben werde. Es folgten kleinere Rollen, bis ihr Landsmann Wolfgang Petersen, einer der wenigen Deutschen, die es in Hollywood geschafft haben, sie für "Troja" engagierte. "Wir waren immer die Einzigen, die in der Früh pünktlich am Set standen", erinnert sie sich an diese Zeit, und an eine der besonders deutschen Tugenden, die sie nach Amerika mitbrachte.

In den Jahren nach ihrem ersten großen Auftritt spielte sie in einigen Blockbustern mit, zum Beispiel an der Seite von Nicolas Cage in "Das Vermächtnis der Tempelritter". Am besten gefielen ihr aber die schrägen, weniger glamourösen Rollen, die sie, wie einst Romy Schneider, vor allem in Frankreich fand. So drehte sie 2010 das Schwesterndrama "Barfuß auf Nacktschnecken". Rauchend, fluchend und überdreht war sie darin zu sehen, viel mehr in der verführerischen Tradition der Nouvelle Vague verankert als im Hochglanzkorsett von Hollywood.

Kruger spricht fließend Deutsch, Französisch und Englisch, synchronisiert sich in diesen Sprachen auch selbst und fühlt sich in all diesen Ländern zu Hause. Besonders beeindruckend findet sie aber den sympathisch opportunistischen Patriotismus der französischen Filmkritiker, wie sie augenzwinkernd in einem Interview sagte. Wenn diese einen ihrer Filme lieben, würden sie immer von der französischen Schauspielern Diane Kruger schreiben. Nur in Verrissen sei sie stets die deutsch-französische Schauspielerin Diane Kruger.

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