Profil:Danny Boyle

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Danny Boyle: Britischer Star-Regisseur, der das Leben von Steve Jobs verfilmt hat.

(Foto: Joel Ryan/Invision/AP)

Britischer Star-Regisseur, der das Leben von Steve Jobs verfilmt hat.

Von David Steinitz

Für seinen ersten Kinofilm musste der britische Regisseur Danny Boyle Möbel verkaufen. Als er 1994 die schwarze Komödie "Kleine Morde unter Freunden" inszenierte, war das Budget so knapp, dass die Crew Teile der Wohnungskulisse, in der gedreht wurde, höchstbietend abgab, um neues Filmmaterial besorgen zu können.

Das war der Beginn einer außergewöhnlichen Karriere, die Boyle zu einem der gefragtesten Regisseure für besonders schwierige Stoffe hat werden lassen. Soeben hatte sein neuester Spielfilm, eine Biografie des legendären Apple-Gründers Steve Jobs, auf dem Telluride Festival in Colorado Premiere - Boyle und sein Hauptdarsteller Michael Fassbender wurden frenetisch gefeiert. Eine große Genugtuung für Boyle, der nicht die erste Wahl für dieses Projekt war, an dem sich mehrere versierte Hollywood-Regisseure vergebens die Zähne ausbissen.

Auf einen richtig heiklen Stoff hat der 58-Jährige sich das erste Mal Mitte der Neunzigerjahre eingelassen. Er adaptierte den Bestseller "Trainspotting", einen wilder Episodenreigen über die schottische Drogenszene, der eigentlich als unverfilmbar galt. Boyle gelang das Kunststück, mit dieser gnadenlos überdrehten Tragikomödie das britische Kino vollkommen auf den Kopf zu stellen. Das konnte auch dringend einen kräftigen Stoß vertragen, weil es sich immer noch in der konservativen Behäbigkeit der Thatcher-Jahre eingeigelt hatte, obwohl diese längst vorbei waren.

Was die Band Oasis für den Britpop jener Zeit war, wurde Boyle fürs englische Kino, das nun ebenfalls vom Sog der Cool-Britannia-Jahre erfasst wurde. Zu dieser anarchischen Einstellung passt es auch ganz ausgezeichnet, dass Boyles Lieblingsfilm das Wahnsinnswerk "Apocalypse Now" ist.

Boyle, geboren 1956 in Manchester, zog es als jungen Mann schnell in die funkelnde Hauptstadt - die schillernde Londoner Theaterszene hatte es ihm angetan. Dort machte er sich Anfang der Achtzigerjahre als Bühnenregisseur einen Namen, bevor er zum Fernsehen und schließlich zum Kino wechselte. Weder der große kommerzielle Erfolg von "Trainspotting" noch die Oscar-Nominierungen für "127 Hours" noch schließlich der gewonnene Oscar für "Slumdog Millionaire" (2009) änderten etwas an Boyles eigensinniger Projektwahl und Inszenierungsweise. Während sich viele Regisseure mit den ersten Hits immer mehr dem durchkonfektionierten Filmbetrieb anbiedern, bleibt Boyle stets der eigenwillige englische Eigenbrötler.

Zu dieser Charaktereigenschaft passt es auch hervorragend, dass Boyle nun nach der nächsten Feuertaufe mit seinem Jobs-Film nicht in Hollywood bleiben, sondern zurück in die Heimat will. "Am besten bin ich", sagt er, "wenn ich daheim drehen darf." Am Rande der Jobs-Premiere kündigte er deshalb an, nun endlich die lang erwartete Adaption der Romanfortsetzung von "Trainspotting" anzugehen. Die halten viele natürlich für vollkommen unverfilmbar.

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