Profil:Cody Wilson

Cody Wilson
(Foto: Jay Janner/dpa)

Der rabiate US-Amerikaner ist Vorkämpfer für Waffen aus dem 3-D-Drucker.

Von Christian Zaschke

In dieser Woche wähnte sich Cody Wilson am Ziel. Bis zum Dienstagabend sah es so aus, als würde es dem 30 Jahre alten Amerikaner erlaubt werden, Pläne für eine Pistole im Internet zu veröffentlichen, die sich fast komplett mit einem 3-D-Drucker herstellen lässt. Sie besteht aus 16 Teilen, von denen 15 aus Plastik sind. Nur der Schlagbolzen ist aus Metall, was kein größeres Hindernis darstellt: Man kann einen handelsüblichen Nagel benutzen.

Ein Gericht stoppte Wilson dann doch noch, allerdings nur vorläufig. Seit 2013 bemüht er sich mit seiner Firma Defense Distributed darum, die Pläne im Internet veröffentlichen zu dürfen, und er hat bereits angekündigt, diese Bemühungen nicht einstellen zu wollen. Dass es mit diesen Plänen möglich wäre, Waffen herzustellen, deren Herkunft sich nicht nachverfolgen lässt, ficht ihn nicht an. Dass diese Waffen von Kindern gebaut werden könnten, von Terroristen, von geistig gestörten Menschen, schreckt ihn nicht ab. Es geht ihm nach eigenen Angaben darum, den ersten und den zweiten Zusatz zur amerikanischen Verfassung zu schützen, in denen das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf Waffenbesitz verbrieft sind.

Im Jahr 2013 hatte Wilson ein Video veröffentlicht, das ihn beim Abfeuern der Waffe zeigt. Es ist ein simples, einschüssiges Konstrukt, aber es scheint zu funktionieren. Wilson nennt die Pistole "Liberator", Befreier, benannt nach einer Waffe, die die Amerikaner während des Zweiten Weltkriegs aus der Luft abwarfen, um Partisanen zu unterstützen.

Mit dem Video des augenscheinlich erfolgreichen Tests stellte Wilson damals auch die Baupläne ins Netz. Diese wurden rund 100 000 Mal runtergeladen. Daraufhin bekam er Post vom Außenministerium, das ihn mit Verweis auf Ausfuhrkontrollgesetze aufforderte, die Pläne aus dem Internet zu entfernen. Das tat Wilson, aber die Tatsache, dass sie einmal verfügbar waren, bedeutet natürlich, dass sie alles andere als geheim sind. "Dieser Zug ist abgefahren", sagt Wilson. Immerhin sind sie seither nicht mehr frei verfügbar.

Wilson stammt aus Arkansas, wo er zur Schule ging und Englisch studierte. Nach seinem Abschluss schrieb er sich an der University of Texas ein, um Jura zu studieren. Dort begann er, mit einem 3-D-Drucker zu experimentieren. Als es ihm gelungen war, eine Pistole herzustellen, gab er das Studium auf, um sich ganz auf dieses Projekt zu konzentrieren.

Nachdem die Firma Stratasys, von der er einen 3-D-Drucker geleast hatte, von seinen Umtrieben erfuhr, kündigte sie den Vertrag und ließ den Drucker abholen. Wilson besorgte sich einen neuen bei Ebay. Youtube hat wiederholt seine PR-Filme aus dem Netz genommen, aber es gibt genügend Plattformen, auf denen sie trotzdem laufen. Andere Anbieter im Internet boykottieren ihn ebenfalls, zum Beispiel Crowdfunding-Seiten. Mittlerweile hat er seine eigene gegründet, sie heißt Hatreon und wird auch von Neonazis benutzt.

Wilson selbst ist politisch nicht so leicht einzuordnen. Gewählt hat er nach eigenen Angaben nur ein Mal im Jahr 2008, damals stimmte er für einen Republikaner. Dass er seither nicht mehr wählte, liegt daran, dass er dem Staat gegenüber äußerst skeptisch eingestellt ist. "Im Vergleich zum Individuum sollte der Staat so schwach wie möglich sein", sagt er. Mit der Veröffentlichung der Pläne geht es ihm daher weniger um die Waffe an sich, sondern eher darum, das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern umzumodeln. "Die dem Staat gemäße Haltung ist die, Furcht vor seinen Bürgern zu haben", findet Wilson. Aus ähnlichen Gründen ist er auch ein Fan der Kryptowährung Bitcoin. Er sieht in ihr das Potenzial, Regierungen das Erheben von Steuern zu erschweren.

Das Magazin Wired hat Cody Wilson bereits im Jahr 2012 in eine Liste der gefährlichsten Menschen der Welt aufgenommen. Moderater ist er seither nicht geworden.

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