Profil:Christoph Heusgen

Deutsches Forum Sicherheitspolitik 2014

Christoph Heusgen, Merkels Mann für die Außenpolitik, wird UN-Botschafter in New York.

(Foto: Lukas Schulze/dpa)

Merkels Mann für die Außenpolitik wird UN-Botschafter in New York.

Von Stefan Braun

Barack Obama war eigentlich schon weg. Entschwunden in seinen großen Wagen, den alle Welt nur noch das "Biest" nennt. Gerade eben hatte der US-Präsident im Kanzleramt emotional Adieu gerufen und mehr als eine Stunde lang alle Fragen zum Abschied über sich ergehen lassen. Als der Präsident schon im Wagen saß, trat ein schlanker, unscheinbarer Mann an seinen Cadillac, wollte auch noch Tschüss sagen. Obama öffnete nicht nur die Scheibe. Er stieg aus, um dem Mann die Hand zu reichen. Ein Zeichen höchster Wertschätzung war das; ein Dank an Christoph Heusgen.

In Deutschland ist der 61-jährige Spitzenbeamte wenig bekannt; in der Welt aber ist er für viele Staats- und Regierungschefs seit Langem eine Größe. Seit dem Amtsantritt von Angela Merkel im November 2005 ist er ihr Berater für "Außen- und sicherheitspolitische Fragen". Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Heusgen in den elf Jahren auch nur eine wichtige Auslandsreise der Kanzlerin verpasst hat. Hartnäckig hält sich sogar das Bonmot, dass sich an manchen Tagen ihre Reisepläne an seine anpassen. Zweimal im Jahr geht für Heusgen nichts über die Feiern im Schützenverein am heimischen Niederrhein. Daran, so heißt es, rüttele nicht einmal Merkel.

Nun ist Heusgen nicht der Einzige, der die Kanzlerin außenpolitisch berät; neben ihm gibt es auch einen Berater für alle EU-Fragen. Doch während die schon mehrmals wechselten, ist Heusgen bis heute geblieben. Deshalb gehört er zu den engsten Begleitern von Merkel. Das macht ihn zu etwas Besonderem, weil nur wenige Leute aus dem Kanzleramt im Umkreis der Kanzlerin so viel Einfluss haben.

Umso bemerkenswerter ist es, dass auch Heusgen bald Adieu sagt. Bis zur Bundestagswahl im Herbst 2017 wird der Diplomat mit besonderen Kenntnissen der EU und der USA als Botschafter bei den UN nach New York wechseln. Gewünscht hat er sich das schon länger. Bislang aber hat Merkel es immer geschafft, ihn bei sich zu halten. Dass nun, kurz nach ihrer erneuten Kanzlerkandidatur, der Wechselplan bekannt wird, wirkt wie ein Zeichen dafür, dass Heusgen dieses Mal Ernst macht.

Seine Karriere begann an Vertretungen in Chicago und Paris. Mitte der Neunzigerjahre arbeitete er für den damaligen Außenminister Klaus Kinkel. Einen Sprung machte er mit dem Wechsel nach Brüssel: 1999 wurde er Stabschef bei Javier Solana, dem damaligen Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Heusgens Netzwerk weltweit nahm seinen Anfang.

Große Analysen kennt man von ihm gleichwohl nicht. Er gibt keine Interviews, tritt selten auf. Noch seltener lässt er erkennen, wofür sein Herz brennt. Im April 2016 aber hielt er eine Laudatio auf die Grünen-Politikerin Marie-Luise Beck. Von großer Leistung, ja "persönlicher Bewunderung" spricht Heusgen, weil Beck sich seit Jahren für Demokratiebewegungen in Russland und der Ukraine einsetze. Für einen Moment gab er preis, was doch auch ihn politisch besonders antreibt.

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