Profil:Christine Langenfeld

Christine Langenfeld; Christine Langenfeld

Designierte Richterin am Bundesverfassungsgericht.

(Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

53-jährige Juristin und designierte Richterin am Bundesverfassungsgericht.

Von Wolfgang Janisch

Natürlich wird ihr diese hübsche Pointe aufgefallen sein. Vor einem Vierteljahrhundert hat Christine Langenfeld ihre wissenschaftliche Karriere mit einer europarechtlichen Dissertation zur Gleichbehandlung von Mann und Frau begonnen. An diesem Freitag steht die Göttinger Rechtsprofessorin im Bundesrat zur Wahl als neue Verfassungsrichterin. Womit künftig sechs von 16 Richtern am höchsten Gericht Frauen sein werden; im Zweiten Senat steigt die Frauenquote gar auf 50 Prozent. Das ist mehr als zur Zeit der Präsidentin Jutta Limbach, Ende der Neunzigerjahre - neuer Rekord.

Die 53-jährige Juristin tritt die Nachfolge von Herbert Landau an, dem der einstige CDU-Ministerpräsident Roland Koch den Weg nach Karlsruhe geebnet hatte. Sie rückt also auf eine traditionelle CDU-Stelle ein. Insofern mag es zwar passen, dass Langenfeld, Tochter des einstigen rheinland-pfälzischen CDU-Ministerpräsidenten Carl-Ludwig Wagner, selbst der CDU angehört. Aber dieses Mal musste sich die CDU mit den Grünen einigen, die mit ihrer starken Regierungspräsenz in den Ländern Anspruch auf Mitsprache bei der Richterwahl erhoben haben. Deshalb musste eine für beide Parteien akzeptable Kandidatin her.

Eine Situation wie gemacht für Langenfeld. Seit 2009 gehört sie dem interdisziplinär besetzten Sachverständigenrat für Integration und Migration an, seit 2012 ist sie dessen Vorsitzende. Und damit gefragte Ansprechpartnerin für Integrationsfragen just in einer Zeit, in der sich Migration zum Epochenthema entwickelt. Und ihre Karriere lief in gerader Linie auf den neuen Job zu. Christine Langenfeld war schon in den Neunzigern als Referentin im Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht auf das Thema gestoßen und machte daraus ihre Habilitationsschrift "Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten". Das klingt linker, als es ist - damals war es wohl eher als Gegenposition zu einer als einseitig empfundenen Multi-Kulti-Haltung gedacht. Langenfeld vertritt ein pluralistisch-liberales Konzept: Einerseits darf der Staat, etwa in der Schule, durchaus auf die Durchsetzung eines Wertekonsenses hinwirken, andererseits soll er die Zuwanderer nicht überfahren. Aus einer freiheitlichen Grundhaltung heraus plädiert sie daher für die Achtung der kulturellen Identitäten. Das ist ein pragmatischer Ansatz, der in konkreten Fragen - Kopftuch, Religionsunterricht, Befreiung vom gemeinsamen Sport von Jungen und Mädchen - zu vermittelnden Positionen führt. Einigermaßen Grünen-kompatibel ist das allemal; die Verhandlungen über die Personalie führte auf Seiten der Grünen Winfried Kretschmann.

Die Entfernung zum Familienwohnsitz wird mit dem Wechsel von Göttingen nach Karlsruhe größer werden. Langenfeld, Mutter einer erwachsenen Tochter, lebt in Leipzig. Ihr Mann - ebenfalls ein Jurist - ist Vorstandsvorsitzender der dortigen Sparkasse.

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