Profil:Chelsea Clinton

Profil: Präsidententochter, die ihre Mutter ins Weiße Haus bringen soll: Chelsea Clinton.

Präsidententochter, die ihre Mutter ins Weiße Haus bringen soll: Chelsea Clinton.

(Foto: Robyn Beck/AFP)

Die Präsidententochter soll ihre Mutter ins Weiße Haus bringen.

Von Hubert Wetzel

Irgendwann fällt in amerikanischen Wahlkämpfen das Wort "vermenschlichen". Erfunden haben es Wahlstrategen, und es bedeutet, den Wählern die angeblich verborgenen weichen, intimen, eben die menschlichen Seiten eines Kandidaten zu zeigen. Die Leute sollen nicht nur wissen, was die zur Wahl Stehenden mit den Steuern machen oder wie sie Terroristen bekämpfen wollen, sondern auch, wie sie so privat sind. Die hohe Kunst ist es, das eine mit dem anderen zu verbinden - jemanden zu finden, der etwas Privates über einen Kandidaten erzählen und zugleich erklären kann, was das Gutes über diesen Menschen als Politiker aussagt.

Dann schlägt die Stunde der Kinder. Donald Trump ließ vorige Woche gleich vier Söhne und Töchter aus zwei Ehen beim republikanischen Wahlparteitag für sich sprechen. Hillary Clinton hat nur eine Tochter aus einer Ehe. Doch auch Chelsea Clinton wurde von den Parteitagsregisseuren der Demokraten eingeplant. Am Donnerstagabend stellte sie in Philadelphia der Nation ihre Mutter vor.

Chelsea Clinton ist qua Geburt eine politische Tochter. Sie kam 1980 in Arkansas zur Welt, als ihr Vater dort Gouverneur war. 1993, nachdem Bill Clinton die Präsidentschaftswahl gewonnen hatte, zog sie mit ihren Eltern ins Weiße Haus. In ihrer Rede in Philadelphia erzählte sie von dieser Zeit, mit leiser Stimme, in einem warmen Ton - und es waren Geschichten wie aus dem Vermenschlichungshandbuch eines Wahlkampfmanagers; zum Beispiel, wie Hillary einmal nach Frankreich fuhr, um sich die Kindergärten dort anzusehen, und kleine Nachrichten für Chelsea hinterließ, eine für jeden Tag der Reise. Darin habe sie der Tochter erklärt, was sie in Frankreich erfahren wolle, um auch den Kindern daheim zu helfen.

Das sollte den Menschen zeigen, dass die vermeintlich so kühle Hillary Clinton eine liebevolle Mutter ist. Aber vielleicht hätten Geschichten über Kindergeburtstage im Weißen Haus es auch getan. Vielleicht hätte die Vermenschlichung Hillary Clintons noch besser geklappt, wenn ihre Tochter nicht erzählt hätte, dass Mama ihr schon als Zehnjähriger die Unterschiede in den frühkindlichen Bildungssystemen der USA und Frankreichs erklärt hat.

Chelsea hat die feine Washingtoner Privatschule Sidwell Friends besucht, danach studierte sie in Stanford, Oxford - wo sie später auch promovierte - und New York. 2008, als ihre Mutter sich zum ersten Mal für die Präsidentschaftskandidatur bewarb, machte Chelsea für sie Wahlkampf. Ihre Auftritte damals waren allerdings schüchterner und weit weniger geschliffen als heute. 2010 heiratete sie den Banker Marc Mezvinsky, das Ehepaar hat inzwischen zwei Kinder. Und natürlich erzählte Chelsea, dass Oma Hillary alles stehen und liegen lässt, um ein paar Minuten mit ihren Enkeln zu skypen.

Chelseas Ausflug in ein Leben, in dem der Nachname nicht alles bestimmt, dauerte nur kurz. Von 2011 bis 2014 arbeitete sie als Reporterin für den Sender NBC. Andererseits: Angeblich erhielt sie ein Jahresgehalt von 600 000 Dollar, was auch am Namen gelegen haben könnte. Inzwischen ist sie nur noch für die Clinton-Stiftung tätig, sie hält Reden und sammelt Spenden. Eine ihrer Freundinnen aus der New Yorker Society ist Ivanka Trump, die Tochter des Widersachers von Hillary Clinton, die ihren Vater bei dessen Parteitag genauso warm und bewundernd vorstellte wie nun Chelsea ihre Mutter.

Chelsea Clinton verteidigt Hillary mit unerschütterlicher Loyalität. "Mein Vorbild, meine Heldin", nannte sie ihre Mutter in ihrer Rede. Die enge Bindung mag auch daher rühren, dass Chelsea als Kind erleben musste, wie Hillary Clinton gedemütigt wurde, als die ganze Welt von Bills Sexleben erfuhr, und wie die Republikaner eine Hetzjagd nach der anderen gegen sie anzettelten. Sollte Hillary die Wahl gewinnen, wäre das sicher eine Genugtuung für Chelsea. Sie selbst bliebe dann freilich auf absehbare Zeit vor allem die Tochter der Clintons.

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