Profil:Aleksandar Bajin

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Deutscher Trainer von Tennis-Schreck und Williams-Bezwingerin Naomi Osaka.

Von Jürgen Schmieder

(Foto: AFP)

Als Naomi Osaka nach ihrem Sieg im Finale der US Open gegen Serena Williams ihre Pressekonferenz begann, da entkorkte ihr Trainer Aleksandar Bajin ein Stockwerk darüber, im Aufenthaltsraum der Spieler, gekonnt eine Flasche teuren Champagner; das erste Glas leerte er in weniger als zwei Sekunden. Er lachte herzlich über Osakas unbekümmerte Antworten und schüttelte jede Hand, die ihm entgegengestreckt wurde. Bei jeder Gratulation atmete er tief ein und aus.

So sieht einer aus, der tagelang einen schweren Rucksack herumgeschleppt und nun abgelegt hat. Tief einatmen, tief ausatmen: "Ich habe als Trainingspartner von Serena drei Jahre lang mit ihr im gleichen Haus gewohnt. Es sind deshalb immer wieder Erinnerungen hochgekommen, ich habe regelrecht die Szenen eines Films gesehen, und das hat mich unglaublich aufgewühlt."

Bajin ist vor 34 Jahren in Serbien zur Welt gekommen, in Deutschland aufgewachsen und nun deutscher Staatsbürger. Er war ein talentierter Tennisspieler, nach dem Tod seines Vaters, Bajin war damals 15 Jahre alt, verlor er das Interesse an einer Profikarriere. Seine beste Platzierung in der Weltrangliste: 1149. Er spielte in der zweiten Bundesliga bei Iphitos München und arbeitete als Trainer, als ein Kollege dem Team von Serena Williams empfahl, den damals 23-Jährigen als sogenannten hitting partner zu beschäftigen.

Der hitting partner muss beim Training auf der anderen Seite des Netzes Gegnerinnen imitieren und bisweilen auch den Seelenmasseur geben. Es ist ein kniffliger und gewiss kein ruhmreicher Job. Wenn über den Trainingspartner Bajin berichtet wurde, dann meist deshalb, weil Williams ihn vor ein paar Jahren angebrüllt hat, er solle gefälligst aggressiver spielen und nicht nur Bälle übers Netz schubsen.

Bajin wurde zu einem der engsten Vertrauten von Williams, er war Trainingspartner, Bodyguard und guter Freund der Amerikanerin. Er bekam den Spitznamen Big Sascha und wurde für seine Loyalität und Diskretion allseits respektiert. Nach acht Jahren warb ihn 2015 Viktoria Asarenka ab, danach arbeitete er kurz für Caroline Wozniacki. Vor neun Monaten bewarb Bajin sich als Cheftrainer bei Naomi Osaka, knickte beim Probetraining um und verstauchte sich den Knöchel. Als Osaka bei der Pressekonferenz sagte, dass sie ihn eingestellt habe, weil er damals trotz immenser Schmerzen weitergespielt habe, nickte er.

Osaka war schon vor der Zusammenarbeit mit Bajin eine außerordentlich talentierte Spielerin. Bei den US Open im vergangenen Jahr besiegte sie die damalige Titelverteidigerin Angelique Kerber. Mit Bajin an ihrer Seite schaffte sie den Durchbruch in die Weltspitze. Sie gewann im Frühjahr das Turnier in Indian Wells, das viele als den fünften Grand Slam bezeichnen, sie besiegte danach in Miami zum ersten Mal in ihrem Leben ihr Vorbild Serena Williams, und nun gewann sie im Alter von 20 Jahren ihren ersten Grand-Slam-Titel.

Bajin ist kein Lautsprecher oder Vielredner. Mit seinem Lausbubengesicht und dem trainierten Körper könnte man ihn für einen Teilnehmer am Jugendturnier halten. Wer sich mit ihm unterhält, der stellt fest, dass er überaus freundlich spricht, dass er sehr kluge Dinge über Tennis sagt, dass er auch versteht, wie einsam Tennisspielerinnen bisweilen auf dem Platz sind und was so ein Turnier wie die US Open, die Anfeindungen der Zuschauer und auch die Ausraster der Finalgegnerin mit einem anstellen können.

"Auf so eine Situation kann man niemanden vorbereiten, so was muss man erleben", sagt er nach den Verbalübergriffen der Gegnerin, "Naomi hat das fantastisch gemacht - und auch wenn ich mit Serena schon ein paar Grand-Slam-Turnieren gewonnen habe, ist dieser Titel noch mal was ganz anderes." Am Ende der Pressekonferenz war die Champagnerflasche auch leer.

© SZ vom 10.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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