Muslime:Aiman Mazyek hat "sehr ernste Fragen" an die AfD

Aiman Mazyek

Die Forderung der AfD nach einem Verbot von Minarett und Muezzinruf hält Aiman Mazyek für grundgesetzwidrig.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Chef des Zentralrats der Muslime ist ein großes politisches Talent. Das Treffen mit Frauke Petry dürfte ein Erfolg für ihn werden.

Von Matthias Drobinski

Er will den Ton nicht mildern, bloß weil man sich gegenübersitzt, das hat Aiman Mazyek am Wochenende klargestellt. "Wir haben sehr ernste Fragen an die AfD", twittert der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD) vor seinem Treffen mit der AfD-Chefin Frauke Petry an diesem Montag. Deren Forderung nach einem Verbot von Minarett und Muezzinruf hält er für grundgesetzwidrig.

Erstmals seit der Nazizeit wolle eine Partei systematisch eine Religion ausgrenzen, hat er kritisiert. Da auch Petry ihre Islamkritik wiederholt hat, dürften die beiden in Berlin ihre Weltsichten vortragen - und sich dann zu dem Satz bemühen, dass es immer gut ist, wenn man miteinander spricht.

Für Mazyek ist das Treffen trotzdem jetzt schon ein Erfolg. Er hat die Chance erkannt: Die AfD kann sich schlecht drücken, will sie nicht den Eindruck erwecken, dass sie den eigenen Argumenten nicht traut. Mazyek wiederum und der Zentralrat, mit 20 000 Mitgliedern der kleinste der vier Moscheeverbände, können sich als Vertreter eines Islam präsentieren, der zum Land gehört. Mazyek weiß um die Macht solcher Bilder.

Als nach dem Anschlag auf die Satirezeitung Charlie Hebdo im Januar 2015 die anderen Verbände noch darüber diskutierten, wie sie reagieren sollten, da stand er schon bei der großen Demo vorm Brandenburger Tor zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel, den er duzt. Die anderen Verbände waren sauer. Nur haben sie halt keinen, der sich vergleichbar aufs politische Geschäft in Deutschland versteht.

"Deutscher Weltbürger mit syrisch-alemannischen Wurzeln"

Mazyek ist 1969 in Deutschland geboren; sein Vater war zum Studium nach Aachen gekommen und hatte dort Hildegard aus Freiburg kennengelernt. Er sei ein "deutscher Weltbürger mit syrisch-alemannischen Wurzeln", sagt Mazyek über sich. 1977 zog die Familie nach Syrien und kam nach sieben Monaten zurück.

Die Moschee, in der die Familie betete, galt zeitweise als den Muslimbrüdern nahestehend, auch im Zentralrat der Muslime gibt es einen entsprechenden Flügel. Dem studierten Philosophen, Volkswirt und Politikwissenschaftler Mazyek, der mal für die FDP Bürgermeister in Alsdorf werden wollte, ist solcher Fundamentalismus fremd. Er setzte sich in zähen Kämpfen im Zentralrat durch. Er stritt aber auch heftig gegen den islamischen Theologen Mouhanad Khorchide, der ihm zu liberal war.

"Was machen Muslime an Weihnachten?" heißt das Buch, das er nun geschrieben hat. Es soll Verständnis wecken für Glauben und Alltag der Muslime in Deutschland. Es ist ein Werk mit aufbauender Absicht; aus vielen Seiten sind jedoch Frust und Verletztheit herauszuhören - Frust, weil es ihm angesichts des Terrors zu wenig muslimische Selbstkritik gibt. Und Verletztheit, weil die Islamfeindschaft in Deutschland zunimmt. Auch das könnte ein Motiv gewesen sein, das Gespräch zu wagen, um selbst der schärfsten Gegnerin zu sagen: "Merken Sie nicht, was ich tue für dieses Land?"

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