Süddeutsche Zeitung

Privat- und Geschäftsräume durchsucht:Razzia bei Ex-Sprecher von Bundespräsident Wulff

Lesezeit: 2 Min.

Gegen den ehemaligen Sprecher von Bundespräsident Wulff wird wegen Korruption ermittelt. Die Staatsanwaltschaft in Hannover verdächtigt Olaf Glaeseker, er habe sich von dem Veranstaltungsmanager Manfred Schmidt bestechen lassen. Bei mehreren Hausdurchsuchungen stellten die Ermittler mögliches Beweismaterial sicher.

Jens Schneider

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat am Donnerstag die Privat- und Geschäftsräume von Olaf Glaeseker in der Nähe von Hannover durchsucht. Als Sprecher zählte Glaeseker jahrelang zu den engsten Vertrauten von Bundespräsident Christian Wulff. Kurz vor Weihnachten hatte der Präsident Glaeseker entlassen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft offenbar wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit. Glaeseker soll im Zusammenhang mit dem sogenannten Nord-Süd-Dialog, bei dem Wulff Schirmherr war, Vorteile angenommen haben.

Zusammen mit Beamten des Landeskriminalamts verschafften sich die Ermittler auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers und Veranstalters des Nord-Süd-Dialogs, Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll. Es wurden Immobilien in Wunstorf bei Hannover, Berlin und der Schweiz durchsucht.

Die Ermittler stellten dort zahlreiche Computerdateien und Dokumente sicher, die nun ausgewertet werden müssen. Den Beschuldigten werde Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung vorgeworfen, hieß es. In den vergangenen Wochen waren bei den Strafverfolgern in Hannover im Zusammenhang mit Wulffs Kreditaffäre zahlreiche Anzeigen gegen das Staatsoberhaupt, aber auch gegen Glaeseker eingegangen.

Wulff hat Glaeseker vor Weihnachten überraschend entlassen

Wulff hatte seinen langjährigen Vertrauten kurz vor Weihnachten ohne Angabe von Gründen entlassen. Damals hatten Journalisten Anfragen im Bundespräsidialamt zur Rolle des Präsidenten-Sprechers bei der Organisation des sogenannten Nord-Süd-Dialogs und einer möglichen Vorteilsnahme gestellt.

Die Staatsanwaltschaft prüfte seither Ermittlungen gegen Glaeseker, der in den vergangenen Wochen jeden Kontakt zur Presse und auch zur niedersächsischen Landesregierung verweigerte und auf Anrufe nicht antwortete. Während es bei Wulffs Kreditaffäre laut Staatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht für eine Straftat gibt und kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, hatte die Behörde bei Glaeseker zuletzt davon gesprochen, das weitere Vorgehen zu prüfen.

Beim Nord-Süd-Dialog handelte es sich um ein Event, das die Wirtschaft der Länder Niedersachsen und Baden-Württemberg präsentierte. Es war nach Darstellung der Landesregierung eine Privatveranstaltung, die von Sponsoren finanziert wurde. Wulff und auch der damalige Ministerpräsident in Stuttgart, Günther Oettinger, waren Schirmherren. Die Veranstaltung fand bis 2009 drei Mal statt.

Die Opposition in Niedersachsen wirft Wulff vor, dass er für diese Veranstaltung Sponsoren geworben habe. In der niedersächsischen Staatskanzlei liefen die Fäden damals nach Auskunft der heutigen Regierung bei Glaeseker zusammen, der seit vielen Jahren Sprecher von Wulff war. Es existieren Mails, in denen sich Glaeseker für die Veranstaltung einsetzte. Die Staatsanwaltschaft prüft nun offenbar, ob er sich vom Veranstalter mehrfach gratis zu Urlauben in dessen Häusern einladen ließ. Es bestehe der Verdacht, dass Glaeseker in den Jahren 2007 bis 2009 die Durchführung und Finanzierung des von Schmidt organisierten Nord-Süd-Dialogs "gefällig gefördert" habe, sagte die Staatsanwaltschaft.

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SZ vom 20.01.2012
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