Prism-Affäre:Die Regierung reagiert nur

Wie kann es sein, dass acht Wochen lang niemandem auffiel, dass es in Afghanistan noch ein zweites Prism-Programm gibt? Vielleicht hätte das Kanzleramt einfach mal im Verteidigungsministerium nachfragen sollen. Die Regierung hat in der Prism-Affäre nicht eine einzige Information aus eigenem Antrieb veröffentlicht.

Ein Kommentar von Nico Fried, Berlin

Man stelle sich vor, der ehemalige Mitarbeiter einer Marmeladenfabrik erklärt, der Verzehr von Erdbeerkonfitüre sei gesundheitsschädlich. Was machen Fürsorgepflichtige dann? Sie versuchen zum einen herauszukriegen, ob das stimmt. Zum anderen werden sie ihre Schutzbefohlenen wohl sicherheitshalber mal fragen, wann sie das letzte Mal Erdbeermarmelade gegessen haben und ob ihnen da was aufgefallen ist.

So ähnlich hätte auch die Bundesregierung in der Prism-Affäre vorgehen können. Den ersten Teil betreibt sie leidlich, indem die USA um Auskunft über Maß und Mittel der Überwachung gebeten werden. Den zweiten Teil jedoch, die Befragung der eigenen Reihen, fand man offenbar nicht so wichtig.

Anders ist nicht zu erklären, dass in bald acht Wochen Aufregung um das eine Prism-Programm niemandem auffiel, dass es in Afghanistan ein zweites Prism-Programm gibt, das womöglich nicht mit dem ersten Prism identisch ist, aber doch ähnlichen Zwecken zu dienen scheint, jedenfalls ganz sicher nicht der Herstellung von Konfitüre.

Stattdessen hat man im Kanzleramt und im Verteidigungsministerium einmal mehr nur auf einen Zeitungsbericht reagiert. Es mag sein, dass nicht alles zutrifft, was in den Medien berichtet wird. Sicher aber ist, dass die Bundesregierung zu Prism noch nicht eine sachdienliche Information aus eigenem Antrieb veröffentlicht hat. Viel ist das nicht.

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