Gericht der Europäischen Union:EU-Sanktionen gegen Mutter von Söldner-Chef Prigoschin nicht rechtens

Lesezeit: 2 min

Richter in Luxemburg haben ein Urteil zur Rechtmäßigkeit von EU-Sanktionen gegen die Mutter des russischen Söldner-Chefs Jewgenij Prigoschin gesprochen (Archivfoto). (Foto: Uncredited/dpa)

Ein Verwandtschaftsverhältnis reiche nicht aus, um Strafmaßnahmen zu rechtfertigen, teilt das Gericht der Europäischen Union mit. Der Rat der Mitgliedstaaten kann das Urteil noch anfechten.

Das Gericht der Europäischen Union hat EU-Sanktionen gegen die Mutter des Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Jewgenij Prigoschin, für nichtig erklärt. Wie das Gericht in Luxemburg mitteilte, reicht ein Verwandtschaftsverhältnis nicht aus, um Strafmaßnahmen gegen sie zu rechtfertigen. Violetta Prigoschina sei zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen offensichtlich nicht, wie von der EU behauptet, Eigentümerin von Unternehmen mit Verbindungen zu ihrem Sohn gewesen.

Der Rat der Mitgliedstaaten kann das Urteil im Fall von Prigoschins Mutter noch vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten. Denkbar ist auch, dass die Mitgliedstaaten zügig einen neuen, besser begründeten Sanktionsbeschluss fassen.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Die EU-Staaten hatten Violetta Prigoschina am 23. Februar 2022 in Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt auf ihre Sanktionsliste gesetzt, weil sie der Auffassung waren, dass Prigoschina "Handlungen und politische Strategien unterstützt, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben". Dagegen reichte die Mutter des Chefs der Wagner-Gruppe dann im April Klage ein.

Prigoschinas Anwalt argumentiert, die EU habe die Pflicht zur Begründung des Sanktionsbeschlusses missachtet und Tatsachenfehler begangen. So bestreitet Prigoschina laut der Klage, Eigentümerin von zwei Unternehmen zu sein, die von ihrem Sohn gegründet wurden. Zudem argumentiert sie, dass aus den Verbindungen zu ihrem Sohn nicht geschlossen werden könne, dass sie die territoriale Unversehrtheit der Ukraine in irgendeiner Form beeinträchtigt habe. Das eigentliche Sanktionsziel bestehe darin, indirekt ihren Sohn Jewgenij zu treffen.

Die EU bezeichnet Jewgenij Prigoschin als "prominenten russischen Geschäftsmann mit engen Verbindungen zu Präsident Putin und dem russischen Verteidigungsministerium". Außerdem macht die EU Prigoschin für die Entsendung von Söldnern der Wagner-Gruppe in die Ukraine verantwortlich. Die EU wirft ihm vor, von russischen Entscheidungsträgern profitiert zu haben, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich sind.

Jewgenij Prigoschin darf nicht mehr in die EU einreisen

So hat Prigoschin nach Angaben der EU unter anderem das Unternehmen Konkord gegründet, das nach der Annexion der Krim und der Besetzung der Ostukraine durch von Russland unterstützte Separatisten umfangreiche öffentliche Aufträge vom russischen Verteidigungsministerium erhalten haben soll.

In der Ukraine ist Prigoschins Privatarmee berüchtigt, weil für sie auch verurteilte Mörder und andere Strafgefangene rekrutiert wurden und sie ohne Rücksicht auf Verluste vorzugehen scheint. In der Ukraine kämpfen die Wagner-Söldner derzeit neben den regulären russischen Soldaten um die Kontrolle der östlichen Stadt Bachmut.

Prigoschin selbst hat bereits mehrfach erfolglos versucht, gegen ihn erlassene Sanktionen vor dem EU-Gericht anzufechten. Die Strafmaßnahmen gegen ihn sehen vor, dass alle in der EU vorhandenen Vermögenswerte von ihm eingefroren werden müssen. Zudem darf der 61-Jährige nicht mehr in die EU einreisen. Sanktioniert wurde er von der EU nicht nur im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt, sondern auch wegen Verstößen gegen das Waffenembargo gegen Libyen, das auch die Entsendung von Söldnern in das Land verbietet.

© SZ/dpa/dta - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungRussland
:Und wenn Putins Nachfolger noch schlimmer ist?

Wenn der Kreml-Herrscher stürzt, kann es nur besser werden - das ist der vorherrschende Gedanke im Westen. Wer das glaubt, übersieht jedoch etwas.

Gastkommentar von James W. Davis

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: