Priesterweihe für Verheiratete:CDU rüttelt am Zölibat

Deutsche Politiker sorgen sich um den Priestermangel in der katholischen Kirche. Ausgerechnet aus der Union wird jetzt die Forderung laut, den Zölibat aufzuweichen - und auch verheiratete Männer zu weihen.

Stefan Braun und Heribert Prantl

Prominente deutsche Christdemokraten haben die katholische Kirche zu einem Abschied vom Zölibat aufgerufen. In einem Brief fordern sie die deutschen Bischöfe auf, sich in der Weltkirche, vor allem aber beim Papst in Rom dafür einzusetzen, das Priesteramt für Verheiratete zu öffnen.

Priesterweihe der Erdiözese Freiburg

Bei der katholischen Priesterweihe müssen Anwärter die Ehelosigkeit geloben - auch deshalb sinke die Zahl der Kandidaten stetig, meinen namhafte Unionsvertreter. Sie fordern deshalb eine Reform der Priesterweihe, auch verheiratete Männer sollen zugelassen werden.

In dem Brief, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, heißt es: "Wir - ein Kreis politisch engagierter, katholischer Christen (...) - halten es für dringend geboten, die deutschen Bischöfe im Lichte der besorgniserregenden Zunahme des Priestermangels zu bitten, die Zulassung von viri probati zur Priesterweihe zu ihrem eigenen Anliegen zu machen." Damit gemeint sind sogenannte verheiratete, bewährte Männer, denen nach dem Willen der Unterzeichner der Weg zum Priesteramt frei gemacht werden soll.

Zu den Unterzeichnern gehören Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Hinzu kommen die früheren Ministerpräsidenten Bernhard Vogel, Erwin Teufel und Dieter Althaus sowie Familien-Staatssekretär Hermann Kues, der Landtagsabgeordnete Thomas Sternberg aus Nordrhein-Westfalen und Friedrich Kronenberg, früher Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Sie alle gehören einem Kreis befreundeter Katholiken in der Union an, der sich vor mehr als 30 Jahren gründete und sich zwei- bis dreimal im Jahr trifft, um sich über die Lage der Kirchen, aber auch politische Grundsatzfragen auszutauschen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte auch der langjährige CSU-Vordenker Alois Glück. Vor gut zehn Jahren wurde der Kreis um Lammert, Schavan, Kues und andere erweitert.

Die Ausnahme von der Regel

In dem Brief schlagen die Unterzeichner auch vor, die deutschen Bischöfe könnten angesichts der wachsenden Not in den katholischen Gemeinden in Rom auch für Ausnahmeregelungen für Deutschland werben. Sie schreiben: "Alle, zum Teil durchaus berechtigten Gründe, an der bisherigen traditionsreichen, wenn auch nicht durch ein Gebot Christi unabweisbaren Praxis festzuhalten, wiegen unseres Erachtens nicht so schwer wie die Not vieler priesterloser Gemeinden, in denen die sonntägliche Messfeier nicht mehr möglich ist." Dabei verweisen die Autoren auch auf eine Zusage der deutschen Bischöfe aus den siebziger Jahren und sprechen von einer außerordentlichen "pastoralen Notsituation".

Bundestagspräsident Lammert warf dem Vatikan im Gespräch mit der SZ vor, er beschäftige sich "mit dem Problem in einer Weise, die diesem absolut nicht gerecht wird". Der Bundestagspräsident verglich das Verhalten der Kirchenoberen mit dem von Altkanzer Helmut Kohl geprägten Prinzip des "Aussitzens" und erklärte, die katholischen Laien müssten das Problem deshalb in die Hand nehmen. Außerdem verwies er darauf, dass es keine theologische Begründung für den Zölibat gebe und verlangt auch von den deutschen Bischöfen mehr Engagement. "Ich wünsche mir auch mehr Tapferkeit von deutschen Bischöfen in dieser Frage."

Bildungsministerin Schavan begründete ihre Beteiligung an dem Schreiben mit den Sorgen an der katholischen Basis in Deutschland. "Die Not in den Gemeinden verlangt neue theologische Impulse und praktische Antworten", sagte die CDU-Politikerin.

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