Pressekonferenz:Merkel will Hürden für Abschiebungen senken

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Die Bundeskanzlerin verurteilt die Anschläge von Ansbach und Würzburg. Und kündigt einen Neun-Punkte-Plan gegen den Terror an.

Von Benedikt Peters und Markus Mayr

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich erstmals nach dem Anschlag von Ansbach öffentlich geäußert. "Dass zwei Männer, die als Flüchtlinge zu uns gekommen waren, für die Taten von Würzburg und Ansbach verantwortlich sind, verhöhnt das Land, das sie aufgenommen hat." Die Täter verhöhnten zudem die zahlreichen Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz suchten, sowie alle, die sich als Helfer engagierten. Merkel bezog sich auf den Anschlag von Ansbach, bei dem sich ein Syrer in die Luft gesprengt und 15 Menschen verletzt hatte sowie auf die Attacke in Würzburg, bei der ein 17-Jähriger vier Menschen in einem Regionalzug mit einer Axt und einem Messer zum Teil schwer verletzte. Beide Täter waren als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.

Weiter sagte Merkel, die Anschläge von Ansbach und Würzburg, aber auch weitere derartige Vorfälle wie die Tötung eines Priesters in Frankreich oder der Anschlag auf einen Schwulen- und Lesbenclub in Orlando seien "erschütternd, bedrückend und auch deprimierend". Sie brächen "zivilisatorische Tabus". Ebenfalls erwähnte die Kanzlerin den Amoklauf von München mit zehn Toten. Solche Taten fänden an Orten statt, wo "jeder von uns" jederzeit sein könnte.

Gleichzeitig trat Merkel dem Vorwurf entgegen, ihre Flüchtlingspolitik sei falsch gewesen. "Ich bin heute wie damals davon überzeugt, dass wir es schaffen, unserer historischen Aufgabe - und dies ist eine historische Bewährungsaufgabe in Zeiten der Globalisierung - gerecht zu werden. Wir schaffen das. Und wir haben im Übrigen in den letzten elf Monaten sehr, sehr viel bereits geschafft."

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Die Kanzlerin sprach auch darüber, wie die Bundesregierung nun reagieren will. Sie stellte einen Maßnahmenkatalog vor, der neun Punkte umfasst. Unter anderem erwähnte sie ein "Frühwarnsystem", konkrete Details aber nannte sie nicht. Die Täter von Würzburg und Ansbach waren den Behörden bei ihrer Einreise nicht als gefährlich aufgefallen.

Zudem sollen Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive konsequenter abgeschoben werden. Die "Rückführungsanstrengungen" müssten erhöht werden, sagte Merkel. Dazu müsse die Zusammenarbeit mit Afghanistan und den nordafrikanischen Ländern verbessert werden. Die Kanzlerin schloss auch nicht aus, die Bundeswehr in terroristische Großlagen im Inland einzubinden. Polizei und Bundeswehr sollen gemeinsame Übungen abhalten, um sich auf einen Terroranschlag vorzubereiten.

Merkel plädierte außerdem dafür, die seit Längerem geplante europäische Richtlinie zum Waffenrecht zügig zu verabschieden. So solle der Waffenhandel über das Internet unterbunden werden. Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, dass der Amokläufer von München seine Waffe im Darknet, einem abgeschotteten Teil des Internets, bekommen hatte. Die Bundeskanzlerin warb für einen besseren internationalen Informationsaustausch und dafür, dass die Geheimdienste verschiedener Länder besser zusammenarbeiten sollen.

Weiter sagte sie, man müsse "alles tun, um die Hintermänner aufzuspüren und ihren Strafen zuzuführen". Die Bundesregierung prüfe zudem, wo "zusätzliche Maßnahmen erforderlich" seien.

Die Türkei, insbesondere Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, mahnte die Kanzlerin nach dem gescheiterten Putschversuch zu "Verhältnismäßigkeit". Diese müsse in einem Rechtsstaat "unter allen Umständen gewährleistet werden". Auf Geheiß Erdoğans geht das Land derzeit mit großer Härte gegen mutmaßliche Putschisten und Unterstützer vor. Es gibt Berichte von Folter und über massenhafte Entlassungen, etwa von Richtern und Journalisten. Zudem debattiert das Land über die Wiedereinführung der Todesstrafe.

Merkel hat für den Auftritt in der Bundespressekonferenz ihren Urlaub unterbrochen. Es ist das erste Mal, dass sie Stellung zu dem Anschlag in Ansbach nimmt. Dort hatte am Sonntagabend ein Selbstmordattentäter in einer Menschenmenge eine Bombe gezündet und dabei 15 Menschen zum Teil schwer verletzt, er selbst kam bei dem Anschlag ums Leben.

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Nach Meinung der Bundesregierung dürfen Würzburg und Ansbach nicht mit der umstrittenen Flüchtlingspolitik in Verbindung gebracht werden. Doch Fragen nach gelungener Integration und ausgebliebenen Abschiebungen werden nicht nur im Volk, sondern auch in der Regierung laut.

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Die Sommerpressekonferenz der Kanzlerin hat Tradition in der Hauptstadt - sie ist die größte Pressekonferenz des Jahres. Ursprünglich war sie erst Ende August geplant. Im vergangenen Jahr hatte Merkel bei ihrer Sommer-PK am 31. August über die Flüchtlingskrise gesprochen und dabei gesagt: "Wir schaffen das." Dieser Satz gehört heute zu den bekanntesten ihrer Kanzlerschaft.

SZ-Korrespondent Thorsten Denkler mit einer ersten Einschätzung der Pressekonferenz:

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