Süddeutsche Zeitung

Presse-Bann im Weißen Haus:Trump ist auf gefährliche Weise hilflos

Indem er kritische Journalisten aussperrt, will Donald Trump zeigen, wie mächtig er ist. Der US-Präsident agiert auf Kindergartenniveau - das muss alarmieren.

Kommentar von Oliver Das Gupta

Ein neuer Tag, ein neuer Kracher von Donald Trump. Der US-Präsident hatte kritische Medien zu Feinden erklärt, nun lässt das Weiße Haus Taten folgen. Journalisten von CNN, New York Times und anderen renommierten Medien wurden von einer Presserunde ausgeschlossen.

Als Unternehmer und Entertainer hat Trump gerne Leute gefeuert - nun "feuert" er Korrespondenten aus dem Weißen Haus. Der Präsident will damit seine Macht demonstrieren, in Wirklichkeit demonstriert er Machtlosigkeit. Der nominell mächtigste Politiker der Welt agiert unsouverän, auf Kindergartenniveau.

Die Logik, der der Präsident und seine Leute folgen, erinnert an kleine Jungs beim Fußballspielen. Little Donald lässt diejenigen nicht mehr mitbolzen, die seine Fouls kritisieren. Es ist eine simple, eine naive Denke. Denn so wie die ausgeschlossenen Kicker vom Spielfeldrand aus lautstark Regelverstöße anprangern, so wird auch die Kritik der verbannten Presse nicht verstummen.

Überraschend ist das Aussperren von Journalisten nicht. Bei Trump dominiert kurzfristiges Denken. Harte Entscheidungen, harte Angriffe, demonstratives Durchsetzen - und das so schnell wie möglich. So hat Trump als Geschäftsmann gehandelt, so will er auch als Präsident regieren.

Trump hat einfache Lösungen für komplexe Probleme versprochen: Illegale Einwanderung mittels einer Mauer zu stoppen, ökonomische Miseren im Alleingang zu lösen und sogar den Nahost-Konflikt zu beenden. Im Wahlkampf hat er unter anderem behauptet, einen "geheimen Plan" zu haben, die IS-Terrormiliz binnen 30 Tagen zu besiegen. Donald Trump ist berauscht von seiner Überzeugung, alles zu können, das suggeriert er auch immer wieder seinen Anhängern.

Die Wirklichkeit sieht anders aus. Trumps Präsidentschaft verläuft bislang katastrophal. Sein Sicherheitsberater hat nach ein paar Tagen gehen müssen, sein Einreiseverbot für Bürger sieben muslimischer Länder ist gekippt. Dazu kommen zahlreiche Regelverstöße, Peinlichkeiten und Unwahrheiten, wie dem von Trump behaupteten Vorfall in Schweden, den es nicht gab. Das Weiße Haus bat das FBI, Presseberichte zu Russland-Verstrickungen des Trump-Teams zu dementieren. Doch der Geheimdienst sträubte sich, stattdessen wird die versuchte Beeinflussung publik. Und nun der Ausschluss von Journalisten, ein Novum in der US-Geschichte.

Über Trump kann man spotten, weil er sich mitunter so kindisch verhält. Man muss sich empören, weil er in diesem Fall gegen den Geist der Pressefreiheit verstößt, die in der US-Verfassung prominent im ersten Zusatzartikel implementiert ist. Aber man darf nicht glauben, dass er zurücksteckt oder gar aufgibt.

Donald Trump ist auf eine gefährliche Weise hilflos. Das zeigt der Presse-Bann, das zeigen seine Ausfälle auf Pressekonferenzen gegenüber Journalisten und seine Tiraden auf Twitter, wo er kritische Medien zu "Feinden des Volkes" erklärt hat. Trump war lange Zeit symbiotisch verbandelt mit den Medien. Nun sind sie für ihn die Opposition, die er so hart es geht bekämpfen will.

Trumps eigentliches Problem liegt nicht in den Redaktionen, sondern ganz bei ihm: Er kann "nicht liefern", doch das verspricht er immer wieder seinen Fans. Auf das Einlösen seiner teils aberwitzigen Wahlversprechungen sei der Präsident "manisch" erpicht, sagte sein Chefstratege Stephen Bannon vor ein paar Tagen.

Damit Trumps Narrativ wieder stimmig ist, müssen andere Schuld haben. Diejenigen, die über seine Pleiten, Peinlichkeiten und Pannen schreiben: Journalisten. Es ist aberwitzig, es ist eine dreiste Projektion: Trump, der Meister der Fake News, wirft den Medien vor, Fake News über seine Regierung zu verbreiten.

Freie Medien sind Lügendetektoren einer freien Gesellschaft

Hier zeigt sich erneut Trumps Neigung zu schnellen Reflexen mit kontraproduktiver Langzeitwirkung: Die wütenden Attacken gegen Journalisten schaden ihm schon jetzt mehr, als sie ihm nutzen. Abgesehen von seinem treublinden (und nicht zu unterschätzenden) Anhang, wird er kaum neue Unterstützer gewinnen, sondern die Medien stärken. Der Trumpsche Krawall hat seiner Hauptgegnerin, der New York Times (die sich übrigens selbst nicht als Gegnerin versteht), schon jetzt eine fulminante Anzahl an neuen Abonnenten beschert.

Die Presse wird nicht abschmieren, weil der Präsident über sie herzieht wie Richard Nixon im Endstadium seiner Präsidentschaft. So wird Trump, Bannon und Co. nichts anderes übrig bleiben, als zu deeskalieren. Oder aber die Dosis zu erhöhen und immer drastischer gegen Journalisten vorzugehen.

Freie Medien sind Lügendetektoren einer freien Gesellschaft wie den USA. Niemand kann sie bislang an ihrer Arbeit stoppen, auch Präsident Trump nicht. Das wird so bleiben, solange die Vereinigten Staaten von Amerika ein demokratischer Rechtsstaat sind.

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