Premier Gordon Brown:Der Zaudermeister

Schwach gestartet, stark nachgelassen: Nach 15 Monaten als britischer Premierminister ist Gordon Brown am Boden - daran wird auch seine heutige Parteitagsrede nichts ändern. Eine Chronik des Scheiterns.

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Gordon Brown, AP

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27. Juni 2007: Mehr als zehn Jahre hat er auf diesen Moment gewartet: Gordon Brown löst Tony Blair als britischen Premierminister ab.

Blair hatte den Machtwechsel immer wieder hinausgezögert. Erst öffentliche Rücktrittsforderungen und sinkende Umfragewerte brachten ihn dazu, wie versprochen das Amt an Brown abzugeben.

Gordon Brown mit seiner Frau Sarah auf dem Weg ins britische Unterhaus. Foto: AP

Tony Blair und Gordon Brown, AP

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Gordon Brown hatte Blair 1997 den Vortritt als Kandidat gelassen, weil er bei den Wählern besser ankam. Brown wurde nach dem Wahlsieg Schatzkanzler der neuen Labour-Regierung.

Blair hinterlässt ein schwieriges Erbe. Gegen den Willen der meisten Briten hatte er Soldaten in den Irak geschickt, von den rund 400.000 Mitgliedern, die die Labour Partei bei Tony Blairs Amtsantritt hatte, sind nur noch 181.000 übrig. Kaum jemand glaubt an Browns Versprechen von "Change and Confidence" - Wandel und Vertrauen.

Tony Blair (l.) und Gordon Brown beim Parteitag in Bournemouth im September 1997. Foto: AP

Flughafen Glasgow, dpa

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Juli 2007: Viel Zeit zum Eingewöhnen hat Gordon Brown nicht. In den ersten Tagen seiner Amtszeit versuchen Terroristen Bombenanschläge auf einen Klub in London, ein Attentäter rast mit einem brennenden Auto in ein Terminal des Glasgower Flughafens (Foto), die Post streikt, drei britische Soldaten sterben im Irak.

Kaum sind diese Krisen durchgestanden, wird England von einer der schlimmsten Flutkatastrophen seiner Geschichte heimgesucht. Dann bricht die Maul- und Klauenseuche aus.

Brown reagiert besonnen. Eine kurze Zeit lang hat der spröde Schotte glänzende Umfragewerte: 65 Prozent der Bürger halten ihn für einen guten Premier, 77 Prozent bezeichnen ihn sogar als "starke Führungspersönlichkeit".

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Gordon Brown, AP

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Und der neue Premierminister übt sich im Lachen: Um auf die Wähler sympathischer zu wirken, arbeitet Brown an seinem Gesichtsausdruck. Seine Mitarbeiter kleben ihm zur Erinnerung lachende gelbe Smiley-Gesichter auf die Redemanuskripte. Doch Browns freundliche Miene wirkt oft unnatürlich - "zu gleichen Teilen Grimasse wie Lächeln", schreibt der Guardian. Foto: AP

Gordon Brown, AP

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Herbst 2007: Der Zauberer entpuppt sich als Zauderer. Immer wieder hatte er laut über Neuwahlen nachgedacht: Warum nicht die gute Stimmung ausnutzen und sich vom Volk als Premier bestätigen lassen?

Doch der übervorsichtige Politiker verpasst den richtigen Moment, die Wahlen finden nicht statt. Mit der Absage beginnt Browns tiefer Absturz in der Wählergunst.

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CD-ROM, Getty

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21. November 2007: Zwei CD-Rom mit den persönlichen Daten von rund 25 Millionen britischen Bürgern gehen verloren. Ein Mitarbeiter der Steuerbehörde hat die Datenträger an den Rechnungshof geschickt, doch dort kann man sie nicht finden. Schatzkanzler Alistair Darling spricht von einer Katastrophe.

Der Skandal belastet auch den Premierminister Brown. Als ehemaliger Schatzkanzler war er lange Jahre Chef der Steuerbehörde und ist damit auch für die Missstände dort mitverantwortlich .

Foto: Getty

Britische Pfund, dpa

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27. November 2007: Ein Spendenskandal erschüttert die Labour-Partei: Ein millionenschwerer Bauunternehmer ließ der Partei über Strohmänner Spenden in der Höhe von umgerechnet 830.000 Euro zukommen. Gordon Brown entschuldigt sich und kündigt an, das Geld zurückzuzahlen. Besonders peinlich: Brown war mit dem Versprechen angetreten, seinem "moralischen Kompass" zu folgen.

Bereits im Frühjahr 2006 war bekanntgeworden, dass die Labour-Partei großzügigen Spendern als Dankeschön Adelstitel zugeschanzt hatte. Danach wurden anonyme Spenden per Gesetz verboten.

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Gordon Brown, AP

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Neben den Skandalen sorgt Gordon Browns schwieriger Charakter für schlechte Stimmung. Viele Mitarbeiter beschweren sich darüber, dass Brown mimosenhaft auf jede Form von Kritik reagiere, Fehler auf willkürlich gewählte Sündenböcke abschiebe und möglichst viele Details der Regierungsarbeit persönlich zu kontrollieren versuche. Außerdem gilt Brown als entscheidungsschwach.

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Boris Johnson, AFP

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1. Mai 2008: Der Wähler hat gesprochen und die Botschaft ist klar: Bei den landesweiten Lokalwahlen in England und Wales, die als Stimmungstest für die Regierung gelten, erleidet die Labour Party von Premier Gordon Brown eine schwere Niederlage. Sie erreicht das schlechteste Ergebnis seit vier Jahrzehnten.

Auch der Londoner Bürgermeister Ken Livingston wird nach acht Jahren vom Tory-Politiker Boris Johnson (Foto) aus dem Amt vertrieben.

Foto: AFP

Rowan Atkinson alias Mr. Bean, dpa

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27. Juni 2008: Ein Jahr im Amt - und kein Grund zum Feiern. Gordon Brown ist sensationell unbeliebt: Nur 26 Prozent würden seine Partei wählen, 53 Prozent wünschen sich Tony Blair zurück. Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg sind die Umfragewerte eines britischen Regierungschefs so schnell gesunken.

Wurde er früher noch mit seinem Kontrollwahn aufgezogen - einen seiner Beamten erinnerte Brown an Stalin - so wird er jetzt mit dem bekannten britischen Blödelpantomimen Rowan Atkinson verglichen.

Jedenfalls spottet Vince Cable, der stellvertretende Parteichef der Liberalen, im Parlament: "Wie erleben Mr. Browns bemerkenswerten Wandel von Stalin zu Mr. Bean."

Foto: dpa; Rowan Atkinson alias Mister Bean bei "Wetten, dass..?"

David Miliband, AFP

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September 2008: Die britische Wirtschaft liegt am Boden, die Umfragewerte für die Labour-Partei befinden sich im freien Fall. 2010 wird gewählt, spätestens bis dahin wäre die Partei ihren Vorsitzenden und Premierminister gerne los.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der 43-jährige Außenminister David Miliband (Foto) Gordon Brown beerben möchte. Am liebsten schon auf dem Parteitag in Manchester. Wahrscheinlicher ist, dass die Partei mit dem "Königsmord" noch bis zum nächsten Frühjahr wartet - dann kann man zusammen mit Europa- und Kommunalwahlen gleich noch Parlamtentswahlen abhalten.

Foto: AFP

(sueddeutsche.de/liv/lala)

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