Gegen Quote und Parität wird heute angeführt: Das sei Planwirtschaft, das sei Eingriff in die unternehmerische beziehungsweise politische Freiheit, Verstoß gegen das Leistungsprinzip, Diskriminierung von Männern. Im Grundgesetz heißt es freilich: "Der Staat wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Ein Quoten-Gesetz, ein Paritäts-Gesetz realisiert dieses Gebot auf kluge Weise.
Ich habe diesen Gleichberechtigungs-Newsletter mit einer Geschichte aus den Gründungstagen der Bundesrepublik begonnen, mit einer Geschichte, die vielleicht nur eine Legende ist. Ich schließe meine Werbung für ein Paritätsgesetz mit einem Märchen - dem Märchen von Hänsel und Gretel. Es ist ein besonderes Märchen, weil es mit den klassischen Rollenmustern bricht. In vielen anderen alten Märchen geht die Story so: Die jungen Männer ziehen hinaus in die Welt, sie bestehen dort Abenteuer und kommen als Helden zurück. Die Mädchen aber bleiben zu Hause und warten darauf, dass sie befreit, erlöst oder geheiratet werden.
Das Märchen, das mit den Rollenmustern bricht
Bei Hänsel und Gretel ist das anders: Als die Geschwister sich im Wald verirren, sind sie gemeinsam schwach und stark. Erst die Hexe weist den beiden wieder die klassischen männlichen und weiblichen Rollenmuster zu: Der Hänsel wird eingesperrt, weil er vermeintlich der Stärkere und Gefährlichere ist; die Gretel muss für die Hexe die Dienstmagd machen und für sie das Hexenhaus putzen.
Aber dann passiert, womit die Hexe nicht gerechnet hat: Gretel ist mutig und stark, sie wird zur Heldin, die ihren Bruder aus seinem Gefängnis befreit. Sie bricht also aus der Rolle aus, die ihr die Hexe gegeben hat. Die Justiz sollte sich, wenn sie über das Paritätsgesetz zu urteilen hat, nicht wie die Hexe verhalten.