Die Frau war ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich; und sie hatte ungewöhnliche Vornamen. Sie hieß Ellen Aurora Elisabeth Morgenröte, ihr Familienname war Ammann, geborene Sundström. Der Vornamen wegen könnte man die 1870 geborene Frau glatt für eine Märchentante halten. Das war sie aber nicht. Sie war eine energiegeladene, resolute und zupackende schwedisch-bayerische Politikerin, eine Frauenrechtlerin, sie hatte sechs Kinder, war eine angesehene Landtagsabgeordnete, gehörte 1919 zu den ersten Frauen, die ins Parlament gewählt wurde. Sie war die Gründerin der Münchner Bahnhofsmission, eine Streetworkerin der ersten Stunde, sie war Wegbereiterin der professionellen Sozialarbeit. Sie kümmerte sich um die armen Mädchen vom Land, die zu Tausenden in die Stadt strömten, um hier Arbeit und Glück zu finden, kämpfte gegen die Menschenhändler, die junge Frauen für Hungerlöhne an die Fabriken verkaufen und gegen die Zuhälterbanden, die sie in die Bordelle verschleppten.
Prantls Blick:Die erste katholische Priesterin?
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Landtagsabgeordnete, Ordensfrau, sechsfache Mutter: Ellen Ammann auf einem undatierten Foto.
(Foto: Katholischer Deutscher Frauenbund Landesverband Bayern e. V./dpa)Vor 90 Jahren starb Ellen Ammann, eine tiefreligiöse soziale Reformerin und vergessene Widerständlerin gegen Hitler. Sie war die Clara Zetkin des Katholizismus.
Von Heribert Prantl
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