Präsidentschaftswahl in Südafrika:Zwei Frauen gegen den Staatschef

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Die prominente Anti-Apartheid-Aktivistin Mamphela Ramphele (links) will Präsidentin von Südafrika werden.

(Foto: Rodger Bosch/AFP)

Sie kandidiert ausgerechnet für die Partei der Weißen: Anti-Apartheid-Aktivistin Mamphela Ramphele fordert Südafrikas Staatschef Jacob Zuma heraus - gemeinsam mit der deutschstämmigen Journalistin Helen Zille.

Von Tobias Zick, Nairobi

Eine Allianz zweier starker Frauen dürfte dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma das Leben künftig noch ein Stück ungemütlicher machen. Die größte Oppositionspartei Democratic Alliance (DA), angeführt von der deutschstämmigen Journalistin Helen Zille, hat jetzt die prominente Anti-Apartheid-Aktivistin Mamphela Ramphele zu ihrer Spitzenkandidatin für die im April geplanten Präsidentschaftswahlen erklärt.

Die Partei macht damit dem regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) die Deutungshoheit über das politische Erbe des im Dezember verstorbenen Ex-Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela streitig.

Emotional und politisch verbunden

Die Ärztin und Geschäftsfrau Mamphela Ramphele, 66, war die Lebensgefährtin von Steve Biko, dem Anführer der Black-Consciousness-Bewegung, der 1977 in Haft von Polizisten totgeprügelt wurde. Die Regierung hatte offiziell angegeben, Biko sei an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben. Die Journalistin Helen Zille deckte damals die Lüge auf. Seither sind die beiden Frauen emotional und politisch verbunden, nun schreiten sie erstmals gemeinsam in einen Wahlkampf. "Wir sind die Regierung in Wartestellung", verkündete Ramphele nach ihrer Nominierung, "wir repräsentieren Millionen Südafrikaner, die an die Mehrparteien-Demokratie glauben."

Mamphela Ramphele, so die Hoffnung vieler Anhänger, könnte einen wesentlichen Schönheitsfehler der Democratic Alliance beheben. Die Partei gilt vielen Südafrikanern nach wie vor als politische Plattform der Weißen des Landes, auch wenn in den vergangenen Jahren mehrere junge schwarze Mitglieder in Führungspositionen aufgerückt sind. "Wir nehmen dem ANC die Ausrede der Hautfarbe und werfen die Rassen-Karte in den Mülleimer", verkündet die neue Spitzenkandidatin jetzt: "Der ANC muss nach seiner Leistung bewertet werden."

Letzteres tun bereits immer mehr ehemalige Anhänger des ANC - und kehren der Partei von Mandelas Nachfolgern den Rücken: Laut Umfragen würden nur noch 53 Prozent der Südafrikaner den ANC wählen, gegenüber 65,9 Prozent bei den Wahlen 2009. Besonders unter jungen Südafrikanern wächst der Unmut über die immer neuen Korruptionsvorwürfe gegen Präsident Jacob Zuma.

Wirtschaftliche Ungleichheit fast wie zu Apartheid-Zeiten

Laut einem Bericht des südafrikanischen Rechnungshofes ist der Missbrauch öffentlicher Gelder geradezu zur Norm geworden. Auch das Versagen der Regierung, der gewaltigen Arbeitslosigkeit im Land etwas entgegenzusetzen, wird kritisiert: 70 Prozent der Südafrikaner unter 35 Jahren sind arbeitslos, und die wirtschaftliche Ungleichheit ist - fast wie zu Apartheid-Zeiten - so groß wie in nur wenigen anderen Ländern der Welt.

Bei der Trauerfeier für den verstorbenen Mandela im Dezember war Zuma von großen Teilen des Publikums ausgebuht worden. Er konnte anschließend seine Nervosität angesichts des nahenden Wahltermins immer schwerer verbergen. Mamphela Ramphele setzt auf diesen Unmut: "Dies ist nicht der Moment, um über den ANC zu sprechen", sagte sie nach Bekanntgabe ihrer Kandidatur. "Sie kennen das alles: das gestohlene Geld, die gebrochenen Versprechen, die verlorenen Jobs, die Korruption, die dreckigen Krankenhäuser, die Schulen ohne Bücher und die unsicheren Straßen, Häuser und Arbeitsplätze."

Schon mehrmals hatte die DA-Vorsitzende Helen Zille versucht, Mamphela Ramphele als Mitkämpferin an der Spitze ihrer Partei zu gewinnen, doch die hatte immer wieder abgelehnt. Statt dessen gründete sie im vergangenen Jahr ihre eigenen Oppositionspartei "Agang SA" - mit mäßigem Erfolg: Der erhoffte Zustrom an jungen Anhängern blieb aus, und kürzlich wurde bekannt, dass die Partei offenbar pleite ist.

Chancen für Zuma trotzdem nicht schlecht

Viele Beobachter rechnen dennoch damit, dass der ANC trotz des starken Gegenwinds die Wahl gewinnen wird, wenn auch deutlich knapper als je zuvor. Zudem erreichen die liberalen Botschaften der Democratic Alliance einen wesentlichen Teil der Bevölkerung nur schwer: die wirtschaftlich marginalisierten, arbeits- und perspektivlosen jungen schwarzen Wähler. Die schließen sich tendenziell eher den Economic Freedom Fighters an, der neu gegründeten Partei des geschassten früheren Chefs der ANC-Jugendorganisation, Julius Malema. Der verknüpft seine Angriffe auf die korrupte Regierung mit populistischen Forderungen nach Enteignung von Banken, Land und Minen - und erzielt damit laut Umfragen derzeit den stärksten Zulauf an Wählern.

Dass der ANC-Führung dennoch angesichts der neuen Frauen-Doppelspitze nicht rundum wohl ist, zeigt deren polemische Reaktion: Die Democratic Alliance "mietet sich ein schwarzes Gesicht", wetterte der ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe nach der Nominierung von Mamphela Ramphele.

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