Süddeutsche Zeitung

Präsidentschaftswahl in der Ukraine:Obama gratuliert Ukrainern zur Wahl

+++ Wahlsieger Poroschenko zeigt sich offen für Gespräche mit Moskau +++ US-Präsident: Trotz Provokationen und Gewalt seien Millionen Ukrainer in die Wahllokale gegangen +++ Ex-Boxprofi Klitschko wird Bürgermeister in Kiew +++

Die Entwicklungen im Newsblog. Von Hannah Beitzer, Kiew, und Antonie Rietzschel

  • Nach der Präsidentschaftswahl stellt Poroschenko einen Dialog mit Russland in Aussicht
  • US-Präsident Barack Obama gratuliert dem ukrainischen Volk zur Wahl
  • Unternehmer Poroschenko bekommt nach ersten Hochrechnungen mehr als 55 Prozent, Julia Timoschenko erhält lediglich 13 Prozent
  • Ex-Boxprofi Klitschko gewinnt Bürgermeisterwahl in Kiew

Poroschenko stellt Dialog mit Russland in Aussicht: Der zukünftige ukrainische Präsident Petro Poroschenko kündigt noch in der Wahlnacht Offenheit für Gespräche mit Russland an. Er hoffe auf ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte er. Verhandlungen mit Russland knüpft er jedoch an konkrete Bedingungen. "Die Krim ist und bleibt ukrainisches Territorium", zeigt sich der Unternehmer kompromisslos.

Obama lobt Mut der Ukrainer: US-Präsident Barack Obama sagt dem künftigen Staatsoberhaupt seine Unterstützung bei "wichtigen politischen und wirtschaftlichen Reformen" zu. Obama lobt die Ukrainer für ihren Mut und ihre Entschlossenheit, "ihre Führungspersonen ohne Einmischung von außen zu wählen und in einer Demokratie zu leben". Trotz Provokationen und Gewalt seien Millionen Ukrainer in die Wahllokale gegangen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. "Sogar in den Teilen der Ostukraine, wo von Russland unterstützte Separatistengruppen versucht haben, ganze Regionen zu entrechten, waren einige mutige Ukrainer in der Lage, ihre Stimmen abzugeben." Diese Wahl sei ein weiterer Schritt nach vorn bei den Bemühungen der ukrainischen Regierung, das Land zu einen und dafür zu sorgen, dass den Sorgen und Bestrebungen aller Bürger Rechnung getragen werde, heißt es in der schriftlichen Erklärung des Präsidenten.

Milliardär wird neuer Präsident: Petro Poroschenko entscheidet die Präsidentschaftswahl für sich. Ersten Hochrechnungen zufolge erhält er mehr als 55 Prozent, ein zweiter Wahlgang ist demnach nicht nötig. Bereits vor der Wahl galt Poroschenko als Favorit. Das lag wohl auch an dem Mangel an Alternativen. Denn immerhin gingen im Winter in Kiew die Menschen genau gegen Leute wie ihn auf die Straße: Er ist einer der reichsten Männer der Ukraine, hat politisch mehrmals die Seiten gewechselt (ein ausführliches Porträt). Doch viele hier trauen ihm mehr zu als der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko, die erst im Zuge der Revolution aus der Haft entlassen wurde. Sie gilt als machthungrig und hat sich in der Vergangenheit mit vielen Weggefährten überworfen. Sie erhält lediglich 13 Prozent, der Rechte Sektor kommt auf ein Prozent. Das Ergebnis im Überblick:

Petro Poroschenko sucht Nähe zu Europa: "Heute hat die Verwirklichung des europäischen Wegs, des europäischen Strebens der Ukraine höchste Priorität", sagt der neu gewählte Präsident Poroschenko bei einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Der 48-Jährige kündigt an, dass ihn seine erste Reise als Staatschef in die Krisenregion im Osten des Landes führen werde. Der Kampf gegen die "Terroristen" müsse verstärkt werden, sagt er. Bereits bei der Stimmabgabe hatte der prowestliche Politiker gefordert, die bewaffneten Aufständischen müssten aus den Dörfern und Städten des russisch geprägten Ostens verschwinden.

Klitschko wird Bürgermeister: Der ukrainische Ex-Boxprofi Vitali Klitschko hat die Bürgermeisterwahl in Kiew laut Prognose gewonnen. Der Sportstar habe 57,4 Prozent der Stimmen erhalten, ergibt eine Nachwahlbefragung im Auftrag des Staatsfernsehens. "Ich gratuliere ihm", sagt Poroschenko bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Klitschko. Der 42-jährige Boxer stand bei den proeuropäischen Protesten in der Ukraine, die im Februar zum Sturz von Staatschef Viktor Janukowitsch führten, an vorderster Front. Seine ursprünglichen Ambitionen auf das Präsidentenamt gab er im März zugunsten Poroschenkos auf.

Prorussische Separatisten boykottierten Wahl: In der teilweise von militanten Separatisten kontrollierten Ostukraine öffneten nur ein Bruchteil der Wahllokale. Örtliche Medien berichteten von vereinzelten Übergriffen moskautreuer Kräfte auf Wahlstellen. Viele Einwohner der Gebiete Donezk und Lugansk trauten sich demnach nicht zur Wahl oder stehen vor versperrten Wahllokalen. Teilweise setzten die Separatisten auch auf offene Provokation:

Das Wahlergebnis soll nach einem Parlamentsbeschluss in Kiew trotzdem in jedem Fall Gültigkeit haben.

Journalist im Osten getötet: Im Osten der Ukraine gerieten am Samstag mehrere ausländische Journalisten unter Beschuss. Nach Angaben des Außenministeriums in Rom wurde dabei der Italiener Andrea Ronchelli getötet. Das italienische Außenministerium bestätigte den Tod des 30 Jahre alten Fotografen. Zudem sei ein russischer Übersetzer getötet worden. Auch ein französischer Journalist wurde demnach verletzt. Die Reporter gerieten den Angaben zufolge nahe der Separatisten-Hochburg Slawjansk unter Mörserbeschuss.

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