Süddeutsche Zeitung

Präsidentschaftswahl in den USA:Republikaner im Zweikampf

Die Reihe der republikanischen Kandidaten für das Weiße Haus hat sich stark ausgedünnt. Nun läuft das Eins-gegen-Eins zwischen Mitt Romney und Newt Gingrich. In dieser letzten Runde auf dem Weg zur Präsidentschaftskandidatur werden der Ton rau und die Angriffe persönlich.

Reymer Klüver, Washington

In das Duell um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner ist in dieser Woche eine bisher unbekannte Schärfe gekommen. Erstmals griff der bisherige Favorit, der frühere Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, seinen gefährlichsten Rivalen, den ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, persönlich an. Prominente Unterstützer Romneys kritisierten Gingrich als sprunghaft und unzuverlässig. Romneys Wahlkampfteam startete eine Anzeigenkampagne, in der die Vergangenheit von Gingrich in ein negatives Licht gerückt wird. Gingrich selbst erklärte, dass er seinerseits nicht mit persönlichen Attacken auf Romneys Angriffe reagieren werde.

Tatsächlich hat sich die Dynamik im Präsidentschaftsrennen verändert. Im Herbst noch hatte Romney die gemäßigten Republikaner um sich scharen können, während die konservativeren Aktivisten - vorneweg die kämpferischen Tea-Party-Anhänger, aber auch die in Bundesstaaten wie Iowa oder South Carolina weiter einflussreichen evangelikalen Christen - sich nicht hinter einem einzigen Kandidaten sammelten. Sie unterstützten zunächst Michele Bachmann, Rick Perry und schließlich Herman Cain - und ließen diese wieder fallen.

Das ist mittlerweile anders. Immer mehr entwickelt sich das Rennen zu einem Zweikampf zwischen Gingrich und Romney, und Romney ist dabei massiv unter Druck geraten. Die Umfragen deuten darauf hin, dass Gingrich nicht nur auf die breite Unterstützung der rechten Republikaner setzen kann, sondern zusehends auch moderate Republikaner für sich gewinnt. "Gingrich ist keineswegs nur eine Kreatur der Rechten", konstatiert Ron Brownstein, ein Kolumnist des liberalen National Journal. In drei der vier Bundesstaaten, in den die ersten Wahlentscheidungen fallen, in Iowa, New Hampshire und Florida, liegt er inzwischen deutlich vor Romney. Nur in New Hampshire liegt er weiter hinter Romney, holt aber auf.

Gingrich punktet offenbar mit seinem aggressiven Auftreten. Selten geht er einer politischen Kontroverse aus dem Weg. "Gingrich war immer ein Krieger, ein verlässlicher Kämpfer wider die Demokraten", sagt Brownstein. Am Donnerstag nun reagierte das Team von Romney. In einer Telefonkonferenz erklärte der frühere republikanische Kongressabgeordnete und Romney-Freund Jim Talent, dass Gingrich "keine verlässliche und vertrauenswürdige konservative Führungspersönlichkeit" sei. Der ehemalige Senator John Sununu merkte an, dass Gingrich "mehr an Newt Gingrich selbst als an konservativen Prinzipien" interessiert sei. Die Ex-Kongressabgeordnete Susan Molinari denunzierte Gingrichs Führungsstil als "chaotisch". Alle drei waren Kongressabgeordnete während Gingrichs Zeit als Sprecher des Repräsentantenhauses von 1995 bis 1999.

Tatsächlich war Gingrich Mitte der neunziger Jahre einer der Anführer der sogenannten republikanischen Revolution, die eine Mehrheit im Repräsentantenhaus einbrachte. Gingrich rang dem damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton Zugeständnisse etwa bei Haushaltssanierung und Sozialreformen ab. Zugleich aber stieß er mit einem überaus burschikosen Führungsstil nicht nur seine politischen Gegner, sondern auch die eigenen Leute vor den Kopf. Nach zwei Jahren als Vormann der Republikaner im Repräsentantenhaus überstand er nur knapp eine parteiinterne Revolte, wurde aber zwei Jahre später aus seiner Führungsposition gedrängt. Damals war er in Umfragen der unbeliebteste Politiker der USA.

In einem Merkzettel von Romneys Wahlkampfzentrale werden seine Wahlhelfer nun aufgefordert, Romneys berufliche Erfahrung als Manager hervorzuheben: "Gingrich produziert Theorien", heißt es darin, "Mitt schafft Jobs." Zugleich startete eine massive Werbekampagne für Romney, die er zum einen mit Hilfe seines gut gepolsterten Wahlspendenkontos selbst bezahlt, die zum anderen aber von formal unabhängigen Unterstützerkreisen finanziert wird. Gingrich, dessen Wahlkampagne nach Einschätzung gut vernetzter republikanischer Wahlstrategen Ende vergangenen Monats nur noch über 800 000 Dollar verfügte, dürfte dem nicht viel entgegenzusetzen haben.

Die Wahlspots sind insofern interessant, als sie die wichtigsten Angriffspunkte enthalten dürften, mit denen Romney seinen Konkurrenten in den kommenden Wochen attackieren wird. So dürfte er Gingrichs Glaubwürdigkeit als Anhänger konservativer Werte in Frage stellen. In der Tat hat Gingrich wiederholt seine Standpunkte gewechselt. Auch wird in einem der Spots darauf hingewiesen, dass Gingrich sich von der halbstaatlichen Hypothekenbank Freddie Mac dafür habe bezahlen lassen, dass er sich für ein Klimaschutzgesetz starkgemacht habe - ein negativ besetztes Thema für die Republikaner. Er habe 300 000 Dollar Strafe zahlen müssen, weil er den Verhaltenskodex für Kongressabgeordnete verletzt habe.

Das ist indes ein gewagtes Spiel für Romney, weil viele Republikaner ihn selbst für einen wenig zuverlässigen Konservativen halten. In einem weiteren Wahlspot attackiert Romney das Privatleben seines Konkurrenten. Dieser sei zum dritten Mal verheiratet und habe, noch verheiratet, eine Affäre mit seiner heutigen Ehefrau Callista begonnen. Gingrich habe zudem zweimal sein Glaubensbekenntnis geändert.

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SZ vom 10.12.2011/sks
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