Präsidentschaftskandidatur der Republikaner:Palin probt für 2012

Nach der Wahl ist vor der Wahl: Die Kongresswahl war für einige Republikaner auch eine Gelegenheit, ihre Präsidentschaftskandidatur in zwei Jahren vorzubereiten. Wer Sarah Palins schärfste Konkurrenten sind.

Christian Wernicke, Washington

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Weshalb bereits in der Nacht des erdrutschartigen Siegs der Republikaner am Dienstag die Diskussion begann, wer denn wohl in zwei Jahren der rechte Kandidat sei, um Barack Obama im Januar 2013 aus dem Weißen Haus zu vertreiben. Der Kantersieg bei den Zwischenwahlen, getragen und befeuert vom Aufbegehren der rechten Tea Party, stärkt auf den ersten Blick die Ansprüche von Sarah Palin. Sie gilt vielen konservativen Protestlern als Idol.

Sarah Palin

Kandidiert sie oder kandidiert sie nicht? Sarah Palin ist schlau genug, auf diese Frage noch keine Antwort zu geben.

(Foto: AP)

Aber die Ex-Gouverneurin von Alaska wartet ab, hütet sich vor jedem Signal, dass sie tatsächlich antreten will. Und im Establishment der Grand Old Party mehren sich bereits die Warnungen, eine Kandidatur der schrillen Vize-Anwärterin von 2008 könne Millionen unabhängige Wähler aus der politischen Mitte "zurück in Obamas Arme treiben".

Sarah Palin hatte am Mittwoch gleich zwei Ergebnislisten auszuwerten. Neben dem nationalen Triumph ihrer Partei musste die rechte Powerfrau auch ihre eigene Favoritenliste analysieren: Als selbsterklärte "Mama Grizzly" hatte der Star der Rechten verstreut übers Land etwa fünf Dutzend politische Patenschaften für Kandidaten übernommen, die mit ihrem Gütesiegel um Spenden und Stimmen werben durften. Palins private Bilanz fiel bescheiden aus: Von 34 Konfidenten, die sich für einen Sitz im Repräsentantenhaus beworben hatten, schafften es nur 15 nach Washington. Noch schlechter las sich Palins Erfolgsquote für den Senat: Nur fünf von 12 ihrer Schützlinge setzten sich durch.

Besonders peinlich war das Ergebnis im heimischen Alaska. Dort hatte Palin den rechten Außenseiter Joe Miller gefördert, um eine Erzfeindin, die republikanische Amtsinhaberin Lisa Murkowski, in der parteiinternen Vorwahl zu stürzen. Bei der Wahl am Dienstag rebellierten ihre ehemaligen Untertanen im Norden - und schrieben den nicht eben einfachen Namen "Murkowski" so oft auf die Wahlzettel, dass Palins Patensohn unterlag.

In den Führungszirkeln ihrer Partei ist Palin ein rotes Tuch. Das war schon unmittelbar vor dem Urnengang vom Dienstag ruchbar geworden, da Washingtons Insider-Blatt Politico eine Story veröffentlichte. Demnach will das Establishment der Partei eine Präsidentschaftskandidatin Palin verhindern, die in Umfragen bei der Hälfte der US-Bevölkerung Aversionen erregt. Stattdessen, schrieb Politico weiter, wollten sich die Granden, Großspender und Strategen der Partei möglichst früh hinter einem "wählbaren Republikaner" scharen.

Das könnte zum Beispiel Mitt Romney sein, der telegene Ex-Gouverneur von Massachusetts. Der als Hedgefonds-Manager zum Millionär aufgestiegene Mormone war 2008 als Bewerber gescheitert, weil er statt seiner wirtschaftspolitischen Kompetenz mehr seine christlichen Werte betont hatte - und viele sozial-konservative Republikaner statt seiner dann lieber den Baptistenprediger und Ex-Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee, unterstützt hatten.

Nun, da die US-Wirtschaft stagniert, sieht Romney eine neue Chance. Und er ist fleißig: Vor der Kongresswahl reiste er in 32 Bundesstaaten, trieb Spenden ein, verteilte 1,1 Millionen Dollar mit eigenen Wahlkampf-Schecks an 289 von ihm unterstützte Parteifreunde. Seine Erfolgsbilanz vom Dienstag scheint eindrucksvoller als Palins: Drei Viertel aller Romney-Günstlinge gewannen.

"Republikanischer Kannibalismus"

Den Konflikt zwischen Palin und Parteispitze, zwischen rechter Bewegung und konservativem Machtkalkül nährt vor allem die Erfahrung von drei Niederlagen. In den Bundesstaaten Nevada, Delaware und Colorado hatten - jeweils mit dem Segen von Palin - Kandidaten der Tea Party in den republikanischen Primaries obsiegt, die nun bei der Volkswahl durchfielen. Das kostete die Grand Old Party ihre möglich geglaubte Mehrheit von 51 Stimmen im Oberhaus von Washingtons Kapitol. Und es verbitterte zugleich die Basis: Christine O'Donnell, die wegen ehemaliger Hexenspielerei und absurder Aussagen zu nationaler Lächerlichkeit gelangte Kandidatin in Delaware, machte am Mittwoch vor allem die Parteiführung für ihre Schmach verantwortlich. "Republikanischer Kannibalismus" habe sie kaputtgemacht.

Außer Palin und Romney steht ein halbes Dutzend Anwärter in den Startlöchern. Mike Huckabee, der Ex-Prediger und nunmehr TV-Talker bei Fox News, möchte gern Präsident werden. Und auch Newt Gingrich, der ideologische Vordenker der letzten republikanischen Revolte in den neunziger Jahren gegen Bill Clinton, wirbt wieder für sich. Hinzu kommen mehrere Gouverneure.

Die wichtigste Umfrage zu allen Spekulationen hat in der Wahlnacht CNN veröffentlicht. Im Bundesstaat Iowa, der als der erste Vorwahl-Caucus alle Trends für sämtliche Präsidentschafts-Primaries vorgibt, genießen derzeit Huckabee und Romney gleichermaßen schwache Sympathien - mit jeweils 21 Prozent Rückhalt. Sarah Palin folgt auf Platz drei, mit gerade 18 Prozent. Der Rest des Feldes lag im einstelligen Bereich.

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