Süddeutsche Zeitung

Präsidentschaftskandidat der Republikaner:König Trump

Lesezeit: 4 Min.

Am ersten Tag als offizieller Präsidentschaftskandidat verrät der Milliardär, wie er die "Gaunerin" Clinton besiegen will - und was er als Präsident in den ersten 100 Tagen tun würde.

Von Matthias Kolb, Washington

Die Herausforderung ist enorm. Seit Jahrzehnten gab es in den USA keinen Präsidentschaftskandidaten, der so unbeliebt ist wie Donald Trump. In Meinungsumfragen sagen fast zwei Drittel, dass sie eine schlechte Meinung von dem Republikaner haben - knapp 50 Prozent "fürchten" sich gar davor, dass Trump ins Weiße Haus kommt.

Den Mann, der das Land spaltet, stören diese Zahlen angeblich nicht. Donald Trump steht als Bewerber der Republikaner fest, nachdem der Texaner Ted Cruz und Ohios Gouverneur John Kasich aus dem Rennen ausgestiegen sind. Während die USA und der Rest der Welt die Nachricht noch verdauen (die Entscheidung war für Juni erwartet worden), erklärt der Milliardär offen, wie er am 8. November gewinnen will. Ein gemäßigter Stil ist nicht geplant: "Ich benehme mich schon wie ein Präsident."

Trump geht von einem Duell mit der Demokratin Hillary Clinton aus. Der New York Times hat der 69-Jährige beschrieben, was er als Obama-Nachfolger tun würde. Sein 100-Tage-Programm ist, kaum verwunderlich, ambitioniert. Ob es sich umsetzen ließe, ist fraglich. Doch zunächst gilt es, eine andere Frage zu klären.

Wie Donald Trump gegen Hillary Clinton gewinnen will

In Interviews mit der Washington Post und diversen TV-Sendern hat der Immobilien-Mogul seine Strategie ziemlich genau beschrieben. Dies sind die wichtigsten Punkte:

  • Sein Stil bleibt unverändert. Trump lehnt es ab, einen anderen Ton zu wählen. "Ich sage, was ich denke, denn sonst bin ich wie jeder andere Politiker", sagt er zur Washington Post. Bei CNN gibt er offen zu, an die erfundene Geschichte, der Vater von Ted Cruz habe etwas mit dem Mord an John F. Kennedy zu tun, selbst nicht zu glauben. Erzählt hat er sie trotzdem. Eine Entschuldigung gibt es nicht: "Rafael Cruz hat auch böse Sachen über mich gesagt." Trump lässt auch mehrere Gelegenheiten verstreichen, seine Fans zu mehr Gelassenheit aufzurufen (Anlass waren Todesdrohungen gegen eine Journalistin) oder sich von gewalttätigem Verhalten seiner Anhänger zu distanzieren.
  • Clinton wird als "schwach" und als "Gaunerin" verunglimpft. Trump weiß genau, dass die Mehrheit der US-Bürger eine schlechte Meinung von Hillary Clinton hat und dieser wenig vertrauen. Um diesen Eindruck zu festigen, nennt er sie ständig "Crooked Hillary" (Gaunerin Hillary). Seit Wochen hält er ihr vor, nur Erfolg zu haben, weil sie eine Frau ist (mehr über Trumps Sexismus). Das CNN-Interview lässt vermuten, dass Trump sich als starker Mann inszenieren will, der die USA vor Terror schützt: "Frauen wollen Sicherheit und Wirtschaftswachstum. Von beidem hat Hillary keine Ahnung."
  • Ein Washington-Insider soll Vizepräsident werden. Da Trump nun als Kandidat feststeht, beginnt die Suche nach einem Stellvertreter. Mit diesem Job hat er seinen Ex-Rivalen Ben Carson beauftragt. Trump wünscht sich einen erfahrenen Politiker, der den Washingtoner Politbetrieb kennt. Lobend äußert er sich über Joe Biden: "Obama hat eine gute Wahl getroffen, die Chemie zwischen ihnen stimmt."
  • Attacken auf Minderheiten werden wiederholt. Um Präsident zu werden, braucht Trump nicht nur die Stimmen von weißen Wählern: Er muss mehr Schwarze, Latinos oder Asian Americans erreichen als der letzte republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney 2012. Doch von Mäßigung keine Spur: Trump wiederholt bei CNN und bei NBC, dass er Muslimen die Einreise in die USA verwehren will, bis das Terror-Problem gelöst sei. Und die Mauer zu Mexiko werde natürlich gebaut. Wie er trotz dieser Aussagen und der existierenden Vorbehalte (87 Prozent der Latinos lehnen ihn ab) Millionen nichtweiße Wähler für sich gewinnen will, bleibt rätselhaft.

Ansonsten kündigt Trump an, Fans von Bernie Sanders für sich gewinnen zu wollen: "Ich bin bereit, über einen höheren Mindestlohn nachzudenken." Als inoffizieller Parteichef sei er bereit, Spenden für die Republikaner zu sammeln und womöglich Geld von Super-Pac-Wahlvereinen anzunehmen - dies hatte er noch Tage zuvor als Beleg für das "korrupte System" gebrandmarkt.

Gewiss: Donald Trump hat fast alle Experten Lügen gestraft, indem er sich gegen 16 Republikaner durchgesetzt hat. Aber der Rückstand auf das "Clinton 2016"-Team in Sachen Organisation und Datenanalyse ist groß. Eine zentrale Rolle soll der Parteitag der Republikaner Mitte Juli spielen: Als Mann mit langjähriger TV-Erfahrung verspricht Trump, dass der Event in Cleveland nicht so langweilig werde wie jener von 2012. "Wir möchten etwas machen, das die Leute glücklich macht. Wir müssen Werbung für unser Land machen."

Besonders aufschlussreich ist ein Artikel der New York Times (NYT), der Trumps Pläne für die ersten 100 Tage als möglicher 45. US-Präsident beschreibt. Es basiert auf drei langen Gesprächen, die der Journalist Patrick Healy mit dem Milliardär geführt hat. Trump schwebt demnach eine Regierung vor, in der Generäle (aktiv oder im Ruhestand) und Geschäftsmänner mehr zu sagen haben als Karriere-Politiker und Diplomaten.

Um den Stillstand in Washington zu durchbrechen und eine bessere Kooperation mit Senat und Repräsentantenhaus zu erreichen, hat Trump sich etwas Besonderes überlegt: Er will Spitzenpolitiker wie Mitch McConnell und Paul Ryan in seinen Privatclub ins warme Florida einladen, um Hummer zu essen und neue Gesetze zu beraten.

Als Präsident werde er weniger aktiv bei Twitter sein als heute, doch NYT-Autor Patrick Healy ist sich sicher: "Jeder wird immer noch wissen, was er denkt." Trump kündigt an, Obamacare abschaffen zu wollen und persönlich die Chefs von US-Firmen wie Ford, Carrier oder Pfizer anzurufen, um ihnen mit Strafzöllen zu drohen, wenn sie Arbeitsplätze ins Ausland verlagern. Zudem will Trump schnell einen neuen Richter für den Supreme Court finden.

Der Milliardär verspricht, dass nach 100 Tagen (dann werden die ersten Bilanzen gezogen) die von ihm in jeder Rede versprochene Mauer zu Mexiko stehen wird und das Einreiseverbot für Muslime in Kraft sein wird. Dass dies wohl gegen die US-Verfassung verstößt und es zu Gerichtsverhandlungen kommen würde, scheint Trump nicht zu interessieren.

US-System macht revolutionäre Änderungen quasi unmöglich

Der renommierte Historiker Robert Dallek, der Bücher über die Präsidenten Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy und Richard Nixon geschrieben hat, nennt dieses Arbeitspensum "ziemlich enorm", in der New York Times spricht er von "revolutionären Veränderungen". Im konsensorientierten politischen System der USA dürften diese aber kaum durchzusetzen sein, glaubt Dallek. Denn, so fasst er es in einem Satz zusammen, den der Geschäftsmann und angeblich "weltbeste Verhandler" Trump nicht gern hören wird: "Der US-Präsident ist kein König."

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