FPÖ in Österreich:Wie rechts Norbert Hofer wirklich ist

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Der österreichische Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer gibt sich als gemäßigter FPÖler. Der Eindruck täuscht.

(Foto: dpa)

Der österreichische Politiker ist weder liberal noch konservativ. Fünf Aspekte zeigen, wie es um die Gesinnung des FPÖ-Mannes steht.

Analyse von Oliver Das Gupta, Wien

Norbert Hofer ist seit vielen Jahren stellvertretender Parteichef der FPÖ. Als erster "Blauer" hat er gute Chancen, Bundespräsident zu werden. Der rasante Popularitätsgewinn des Burgenländers ist auch dadurch zu erklären, dass er auf viele Wähler wie ein gemäßigter FPÖ-Vertreter wirkt.

Der österreichische Präsidentschaftskandidat ist aber weder liberal noch konservativ. Norbert Hofer tickt stramm rechts. Fünf Aspekte zeigen, wie es um die Gesinnung des FPÖ-Mannes steht.

Übernahme alldeutscher Symbole

Hofer und seine Parteifreunde haben sich in der jüngeren Vergangenheit Kornblumen ans Revers gesteckt, auch im Parlament. Die Kornblumen-Tradition reicht in die österreichische Monarchie zurück: Damals war die Kornblume das Symbol der Alldeutschen um Georg von Schönerer. Der Österreicher und seine Bewegung verehrten das von Bismarck geschaffene Deutsche Reich und erkoren die Lieblingsblume des Kaisers Wilhelm I. zum Symbol. Die Alldeutschen wollten Deutsch-Österreich dem preußisch dominierten Deutschland anschließen.

Es gibt nachvollziehbare Gründe, weshalb die FPÖ die Traditionsquelle verschleiert: Schönerers Alldeutsche hassten nicht nur Juden. Sie agitierten auch gegen die Katholische Kirche ("Los von Rom") und lehnten die Eigenständigkeit Österreichs ab - Dinge, die konservative und christliche Wähler verschrecken würden.

Schönerers Alldeutsche fanden ihre Anhänger oft in schlagenden Studentenverbindungen. Von den Burschenschaften dort übernahmen die anti-österreichischen Deutschtümler auch Farben, die den Gegensatz zum Habsburger Schwarz-Gelb oder dem österreichischen Rot-Weiß-Rot darstellten. In Wien zeigten die Alldeutschen ihr Schwarz-Rot-Gold. Es sind die Farben, mit denen sich heute auch der Burschenschaftler Norbert Hofer schmückt.

Der junge Adolf Hitler nahm sich übrigens Schönerer zum Vorbild, gerade wegen des großdeutschen Denkens und des Antisemitismus. Von seiner Bewunderung für Schönerer schreibt Hitler auch in seinem Pamphlet "Mein Kampf". Aus diesem Grund war die Kornblume auch das Erkennungszeichen der in Österreich bis 1938 illegalen Nazis. Nach dem "Anschluss" Österreichs wurde der Kornblumen-Fan Schönerer posthum als "Künder und Wegbereiter des Großdeutschen Reiches" gefeiert.

Norbert Hofer sagte im Wahlkampf, er wolle sich "Dinge" wie die blaue Kornblume "von den Nazis nicht wegnehmen lassen". Die Kornblume habe es als Symbol lange gegeben, "bevor die Nazis da waren". Damit liegt er richtig.

Ehemalige Neonazis als Vertraute

Anders als viele seiner Parteifreunde war Hofer in seiner Jugend offenbar nicht Teil von rechtsextremen Umtrieben. Allerdings zählt er mindestens zwei Personen zu seinen Vertrauten, die sich früher in der Neonazi-Szene bewegt haben. Da ist René Schimanek, der Hofers Büro im Parlament leitet. Wie der Falter recherchierte, nahm Schimanek Ende der achtziger Jahre an "Geländespielen" teil und marschierte in Kampfklamotten und Schlagstock auf. Mit dabei: Gottfried Küssel, der ein berüchtigter Neonazi und Holocaust-Leugner ist.

Auch der Mann, dem Hofer seine politische Karriere verdankt, hat eine einschlägige Vergangenheit. Dieser Förderer war bis in die neunziger Jahre fester Teil der Neonazi-Szene. Er nahm unter anderem an Wehrsportübungen teil und soll einmal an der versuchten Erstürmung einer Synagoge in Deutschland beteiligt gewesen sein. Sein Name ist Heinz-Christian Strache, der Bundesobmann der FPÖ.

Ideologisch passt zwischen Hofer und Strache kein Blatt Papier. Und die Loyalität des einen zum anderen dürfte immens sein: Der FPÖ-Chef machte Hofer einst zu seinem Stellvertreter - und verhalf ihm zur Präsidentschaftskandidatur.

Fragwürdige Kontakte, ideologische Verankerung

Kontakt zu deutschen Rechtsextremen

FPÖ-Chef Strache beteuerte im Jahr 2008, dass seine Partei keine Gespräche mit Vertretern der deutschen NPD führe. Das hielt Hofer nicht davon ab, dem NPD-nahen Magazin hier & jetzt 2011 ein Interview zu geben. Seine Gesprächspartner waren zwei politisch aktive NPD-Mitglieder, einer sogar NPD-Landtagsabgeordneter. Fragen der SZ zu möglichen NPD-Kontakten ließ Hofer unbeantwortet. Dafür gab er der Online-Ausgabe eines anderen deutschen rechtsextremen Mediums mitten im Wahlkampf ein Kurz-Interview.

Die Zeitschrift Zuerst! wird von Manuel Ochsenreiter geleitet. Der Allgäuer engagiert sich in der rechten Szene. 2014 flog Ochsenreiter nach Teheran, um an der Nachfolge-Veranstaltung der Konferenz teilzunehmen, die Holocaust-Leugnern eine Plattform bot. Ochsenreiter referierte über die "Israelische Lobby in Deutschland".

Revisionistische Forderungen

Immer wieder macht die FPÖ Vorschläge, die darauf hinauslaufen, Südtirol aus Italien herauszulösen, auch im Präsidentschaftswahlkampf. Die Region war nach dem Ersten Weltkrieg von Österreich an die Siegermacht Italien abgetreten worden. Nach anfänglicher Repression - vor allem während der faschistischen Mussolini-Zeit - genießen die Südtiroler weitreichende Autonomie.

Der Konflikt gilt als befriedet. Inzwischen gilt die Lage Südtirols durch die EU-Mitgliedschaft Österreichs und Italiens ohnehin als besonders komfortabel, die Region kann die meisten Steuereinnahmen behalten - anders, als wenn Südtirol ein Teil Österreichs wäre. Nur noch eine kleine Minderheit möchte den Zustand verändern, doch die FPÖ und namentlich Hofer setzen auf das Thema. "Südtirol ist untrennbar mit dem Vaterland verbunden", sagte Hofer im Februar 2015 in Meran in einer Rede (hier das Video).

Sein Ziel ist klar revisionistisch: "Wir haben das Durchhaltevermögen. Und daher kommt für uns auch die Zeit, liebe Kameraden."

Ideologische Verankerung

Hofer hat federführend das gültige Parteiprogramm der FPÖ gestaltet. Öffentlich hob er hervor, welche Quelle ihn besonders inspiriert habe: das Programm des VdU von 1949. Dabei handelt es sich eine Bewegung, die mit der "Freiheitspartei" des ehemaligen SS-Generals Anton Reinthaller 1955 zur FPÖ fusionierte. Der Altnazi wurde erster Parteichef. Sein direkter Nachfolger war ebenfalls SS-Veteran.

Hofer ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich deutschtümelnde Passagen im geltenden Parteiprogramm finden - unter anderem diese Formulierung, die Jörg Haider Ende der neunziger Jahre aus dem Programm nehmen lassen, um die FPÖ koalitionsfähiger zu machen: Österreich gehöre zur "deutschen Volks-, Sprach- und Kulturgemeinschaft", heißt es dort. Hofers Burschenschaft Marko Germania lehnte die österreichische Nation in einer Festschrift aus dem Jahr 1994 gar als "geschichtswidrige Fiktion" ab, die nach dem Zweiten Weltkrieg "in den Gehirnen der Österreicher festgepflanzt" worden sei.

Das alldeutsche Relikt verzwergt Österreich zum bloßen Teil der deutschen Volksgemeinschaft; es zielt darauf ab, dass Österreich keine eigenständige Nation sei. Im Wahlkampf hat Hofer diesem Eindruck widersprochen. Es wäre ja auch ein seltsames Bild, wenn eine Partei, die sich auf jeder Wahlkampfveranstaltung ganz in Rot-Weiß-Rot hüllt, das Land hinter diesen Farben nicht als Nation anerkennt.

Wie ideologisch durchdrungen Hofer ist, hat er selbst immer wieder betont. "Ich bin ein Freiheitlicher durch und durch", sagte er etwa bei einem Auftritt am 15. April 2016 in Salzburg (hier das Video), "Ich will mich nicht verstellen".

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