Präsidentenwahl in Afghanistan:Karsai erstmals mit absoluter Mehrheit

Hamid Karsai steht vor einer zweiten Amtszeit: Nach Auszählung von 90 Prozent aller Stimmen erreicht Afghanistans Präsident 54,1 Prozent der Stimmen. Die UN gehen davon aus, dass bei der Wahl massiv betrogen wurde.

Bei der Auszählung der Stimmen der zunehmend umstrittenen Präsidentschaftswahl in Afghanistan kommt Amtsinhaber Hamid Karsai erstmals auf eine absolute Mehrheit. Die Unabhängige Wahlkommission (IEC) teilte mit, Karsai habe nach derzeitigem Stand 54,1 Prozent der Stimmen gewonnen. Sein wichtigster Herausforderer Abdullah Abdullah folge mit 28,3 Prozent. Die Stimmen aus mehr als 90 Prozent der Wahllokale seien inzwischen ausgezählt.

Kommission hat Beweise für Wahlbetrug

Die Unabhängigen Beschwerdekommission (ECC) geht inzwischen sicher davon aus, dass es bei der Präsidentenwahl zu Wahlbetrug gekommen ist. Die von den Vereinten Nationen unterstützte Beschwerdekommission teilte mit, bei ihren Untersuchungen in mehreren Provinzen habe es "klare und überzeugende Beweise für Betrug" gegeben.

Die ECC wies die afghanische Wahlkommission an, die Stimmen aus betroffenen Wahllokalen zu überprüfen und erneut auszuzählen. Das gelte für Wahllokale, in denen mehr als 100 Prozent der erwarteten Wahlberechtigten abgestimmt hätten. Geprüft werden müssten ferner Wahllokale, in denen ein Kandidat mehr als 95 Prozent der Stimmen gewann.

Die Betrugsvorwürfe in Afghanistan richten sich in erster Linie gegen das Lager von Präsident Hamid Karsai. Angesichts massiver Fälschungsvorwürfe hatten die USA und die Vereinten Nationen Karsai nach Medienberichten zu einer gründlichen Überprüfung des Urnengangs gedrängt.

Wie der US-Sender CNN unter Berufung auf Mitarbeiter des US-Außenministeriums berichtete, waren der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, und UN-Vertreter am Montagabend mit Karsai zusammengetroffen. Dabei hätten sie ihn aufgefordert, der unabhängigen Wahlkommission eine eingehende Überprüfung der Vorwürfe zu gestatten.

Ein namentlich nicht genannter Vertreter des Außenministeriums in Washington sprach von einem "Schuss vor den Bug der afghanischen Regierung". Damit solle sichergestellt werden, dass die Wahlkommission ihrer Aufgabe ungehindert nachgehen könne. Botschafter Eikenberry habe nach dem Treffen mit Karsai US-Außenministerin Hillary Clinton Bericht erstattet, hieß es weiter.

"Wahlbetrug im großen Stil"

Am Montag hatte die New York Times unter Berufung auf Diplomaten von massiven Betrugsvorwürfen gegen Karsai-Anhänger berichtet.

So sollen bei der Abstimmung am 20. August bis zu 800 "Phantom-Wahllokale" eingerichtet worden sein, aus denen Tausende Stimmen für Karsai registriert wurden. Auch die stellvertretende Leiterin der EU-Wahlbeobachtermission in Afghanistan, Dimitra Ioannou, sprach im Tagesspiegel von "Wahlbetrug im großen Stil".

Der Leiter der Wahlkommission, Daud Ali Nadschafi, erklärte, etwa 200.000 Stimmen seien wegen Betrugs für ungültig erklärt worden. Eine zweifache Prüfung habe ergeben, dass diese Stimmen nicht gewertet werden könnten. "In einigen Regionen war die Beteiligung höher als die Zahl der Stimmzettel, die wir an die Wahllokale geschickt haben."

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