Das Besondere an dem Pressesprecher Olaf Glaeseker war stets, dass er öffentlich wenig gesprochen hat, ihm aber ein gewaltiger Einfluss zugeschrieben wurde. Er hielt sich immer ansprechbar im Hintergrund, das galt als seine Kunst.
Ein klassischer Glaeseker-Satz am Anfang und am Ende eines Gesprächs lautete: "Ich will nicht zitiert werden." Dann machte er Andeutungen, gab Hinweise, zog ins Vertrauen; und am liebsten interpretierte der Niedersachse seinen Chef Christian Wulff.
Bald galt er in Hannover als der Mann, der Wulff zu dem machte, der er ist. Glaeseker strickte für Wulff das Image vom sensiblen und besonders ehrlichen Politiker, der nicht an Macht, sondern an Menschen interessiert sei.
So hat Glaeseker, 50, die besondere Fallhöhe für diesen Präsidenten mit aufgebaut. Seit 1999 gelten die beiden als unzertrennlich, damals ließ der Journalist aus Oldenburg sich auf eine Aufgabe ein, die viele wegen geringer Erfolgsaussichten ausgeschlagen hätten. Niedersachsens Oppositionsführer Wulff galt selbst in der eigenen Partei vielen als geborener Verlierer, als zu nett, bestenfalls.
Mit Glaeseker als Sprecher und Berater entwickelte er die Rolle als menschlicher Politiker, der über den Parteien schweben wollte. Er stieg zeitweise zum beliebtesten Politiker Deutschlands auf, gewann Landtagswahlen und wurde schließlich Bundespräsident. Mit Respekt und Argwohn sprachen Minister aus seinem Kabinett in Hannover über Glaeseker. Es kursiert der Spottname "Mephistopheles"; manche fanden, dass er zu wenig für die Regierung sprach und zu viel an Wulffs Bild modellierte.
Nun aber funktioniert das Spiel nicht mehr, in Berlin entsteht der Eindruck, dass die Tricks aus Hannover im Bundespräsidialamt an ihre Grenzen stoßen. Es lässt sich schwer sagen, ob es am Sprecher oder seinem Chef liegt. Hier ist nicht mehr Taktik gefragt, sondern präsidiale Offenheit, ein großer Auftritt.
Was immer man über die Affäre um den Privatkredit und die Reisen Wulffs denkt, das Krisenmanagement erscheint als ein Desaster. Seit Monaten recherchierten Journalisten zum Haus-Kredit des Bundespräsidenten. Eine Veröffentlichung war absehbar, man hätte ihr mit vorbeugender Transparenz begegnen können.
Was soll er jetzt einflüstern?
Stattdessen erhielten Reporter Antworten, die sie als ein trickreiches Manöver empfinden mussten, als unzulänglich, vielleicht sogar unredlich. Einige empfanden das als Versteckspiel und rätseln nun, ob Wulffs Sprecher ausreichend eingeweiht war. Dass nun in kleinen Tranchen die Wahrheit offenbart wird, entspricht nicht den Ratschlägen guter Krisenmanager.
Mittlerweile sind Macht und Möglichkeiten des oft leise sprechenden Glaeseker begrenzt. Was soll er jetzt einflüstern? Es zählen Fakten, und es wird versucht, die Affäre vom Amt abzukoppeln, weil es sich um Angelegenheiten des Privatmannes Wulff handele. Wulff hat einen Anwalt beauftragt, an den nun Hunderte Nachfragen zu der Affäre gehen, die das Bundespräsidialamt erreichen.
Im Amt wird in diesen Tagen überlegt, wie Wulff einen Befreiungsschlag setzen kann. Die Suche nach dem richtigen Zeitpunkt hat begonnen.