Präsidentengattinnen:Deutschlands erste Damen

Von der Charity-Lady bis zum "bescheidenen Nebenbei", von der Kolumnistin bis zum "echten Risiko" - die deutschen Präsidentengattinnen aus Vergangenheit und Gegenwart füllten ihre Rolle höchst unterschiedlich aus. Persönlichkeitsstudien über zehn Amtszeiten.

Joachim Käppner

Die Dame gab sich ganz so, wie es der Stil der Zeit verlangte. Ihr ganzes Tun und Streben gelte von nun an der Unterstützung ihres berufstätigen Mannes, sie selbst verstehe sich "als bescheidenes Nebenbei".

Elly Heuss-Knapp, Theodor Heuss

Ihr ganzes Tun und Streben galt der Unterstützung ihres berufstätigen Mannes, sie verstand sich als "bescheidenes Nebenbei": Elly Heuss-Knapp, Ehefrau des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, der von 1949 bis 1959 amtierte.

(Foto: dpa)

Auf den ersten Blick nahm sich Elly Heuss-Knapp tatsächlich unauffällig aus neben ihrem Mann, dem schwäbisch polternden Freigeist, alten Liberalen und ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland (1949 bis 1959). Man erinnert sich an sie, wenn überhaupt, als Gründerin des Müttergenesungswerks, einer klassischen Aufgabe für eine Präsidentengattin. Dabei blickte Elly Heuss-Knapp auf eine beachtliche Karriere zurück, sowohl als Politikerin wie als Werbefachfrau: Ihre legendären Radio-Jingles und Reklamefilme sicherten dem Ehepaar Heuss während der schweren Jahre nach 1933 das Einkommen. Und Frau Heuss hatte, wie man damals sagte, in dieser Ehe "die Hosen an". Aber nach 1949 trug sie brav die Kleider der ersten Frau im Staat.

Anders als in den USA oder in Frankreich ist der Präsident hierzulande fast ohne Macht. Sein Amt ist zeremoniell und vielleicht moralisch bedeutsam, je nachdem, wie sehr sein Inhaber es auszufüllen versteht. Diese festgelegte Rolle erlaubt es Präsidentenfrauen nicht, mit der Versuchung der Macht zu spielen - so wie es Hillary Clinton als First Lady der USA oder Danielle Mitterrand massiv taten. Und da der Amtsinhaber in Deutschland eher ein Vorbild, eine Respektsperson sein soll, hat er in der Regel sein Privatleben sehr zurückhaltend inszeniert.

Einzige tatöwierte Frau in der Geschichte des Amtes

Die Wulffs sind das erste Präsidentenpaar, welches das Private, jedenfalls in größeren Teilen, gern ins Öffentliche trug. Das lag nicht nur daran, dass Bettina Wulff die jüngste und einzige tätowierte Frau in der Geschichte des Amtes ist, sondern an der lange Zeit engen Verquickung des Paars mit den Boulevardmedien des Springer-Konzerns.

"Ja, in meinem Leben gibt es eine neue Frau", verkündete Christian Wulff 2006 der Bild; und das war der Auftakt einer lebhaften Exklusivberichterstattung vom Hofe Wulff und dem dort herrschenden jungen Glück. Die medienwirksame Selbstinszenierung setzte sich, wenn auch bereits durch Sympathien der Springerpresse für Wulffs angesehenen Gegenkandidaten Joachim Gauck abgeschwächt, im Präsidentenamt zunächst fort. Sie erinnert an jene der "fabelhaften Guttenbergs", des anderen Traumpaars der deutschen Politik. Ganz im amerikanischen Stil, der jetzt, während des US-Vorwahlprozesses, wieder zu erleben ist, inszenierten sich Stephanie und Karl-Theodor zu Guttenberg mit größtem Erfolg als Power-Paar. Es verband heile Welt und Werte mit dem Willen zur Macht, ob bei der Truppe in Afghanistan oder auf dem Rockkonzert daheim - bis zur Plagiatsaffäre.

Vor der, vielleicht kurzlebigen, Ära Wulff war das alles anders. Noch niemals gab es eine Bundespräsidentin. Die Frauen in der Bonner Villa Hammerschmidt und dann dem Berliner Schloss Bellevue waren, wenn nicht dem Manne, so doch dessen Amte untertan und beschränkten sich im Wesentlichen auf die mütterliche Rolle der Charity-Lady.

Schwer geprüft wurde Wilhelmine Lübke, die Frau des zweiten Bundespräsidenten (1959 bis 1969). Je mehr Heinrich Lübke wegen seiner NS-Verstrickungen und immer häufigeren Aussetzer als Folge einer Erkrankung in den respektlosen sechziger Jahren zur Zielscheibe öffentlichen Spotts wurde, desto mehr stützte er sich auf Wilhelmine. Sie hatte den Herbst des Lebens eigentlich auf einem Bauernhof verbringen wollen, flog ungern und erschrak, als der Tierfilmer Bernhard Grzimek ihr 1965 vorwarf, sie begünstige die Wilderei durch das Tragen ihres Lieblingsstücks, eines Leopardenmantels. Sie wurde präsenter, je mehr ihr Mann verblasste; politisch trat sie selten in Erscheinung, auch wenn sie mal "die Durchsetzung der inneren Ordnung gegen die destruktiven Kräfte" des modernen Kinos verlangte.

Ohne höchste Disziplin ist man diesem Amt nicht gewachsen

Mildred Scheel brachte es als Gründerin der Deutschen Krebshilfe zu mancherlei Verdiensten und erfreute die Bild-Zeitung nach dem Ende der Präsidentschaft von Walter Scheel 1979 mit einer Serie über das Leben an der Seite des berühmten Mannes ("Der große Schreck beim Staatsbesuch: Mein Koffer ist weg! Was mache ich bloß ohne Abendkleid?"). Darin schrieb sie zwar kokett: "Warum sollte ein Präsident seine Frau nicht öffentlich küssen?"

Bettina Wulff wife of German President Christian Wulff and UNICEF patroness arrives to attend a news conference to present the UNICEF photo of the year in Berlin

Moderner, patchworkartiger, glamouröser und gleichzeitig doch kleinbürgerlicher und normaler: Bettina Wulff, die Gattin des jetzigen Bundespräsidenten. Offen ist, wie stark die junge Frau Christian Wulff in seinen zahlreichen unglücklichen Handlungen beeinflusste.

(Foto: REUTERS)

Genau dies hatte nämlich Walter Scheel nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Wien getan, zum Verdruss der etiketteverliebten Gastgeber. Während seiner Amtszeit aber hielt sich die selbstbewusste Mildred auffallend zurück. Einmal sagte sie: "Das Grundgesetz sieht eine Gattin des Bundespräsidenten nicht vor", ein politisches Interview mit dieser sei daher "ein Nonsensgespräch".

Ganz ähnlich verstand sich auch Marianne von Weizsäcker, die Gattin des wohl populärsten Bundespräsidenten. Richard von Weizsäcker (1984 bis 1994) gelang es, nicht nur 1985 durch seine Rede über die deutsche NS-Vergangenheit zum 40. Jahrestag des Kriegsendes, das Amt als moralische Instanz gegenüber der Tagespolitik aufzuwerten. Seine Frau betrachtete es auf eher protestantische Weise als ehrenvolle Pflicht, auf Staatsbanketten und Auslandsreisen die erste Dame zu geben, doch übte sie diese Pflicht sehr zurückhaltend aus: "Ohne ein hohes Maß an Disziplin ist man dieser Aufgabe nicht gewachsen." In der einen oder anderen Weise galt das auch für Hilda Heinemann, Veronica Carstens und Christiane Herzog; letztere lud noch zu einem netten Fernsehkochen ins Schloss.

"Der ganze Präsident ist er nur mit ihr"

Eine öffentlichere Rolle spielte Christina Rau. Sie schaffte während der Präsidentschaft von Johannes Rau (1999 bis 2004) das langweilige, aber hochtraditionelle "Damenprogramm" bei offiziellen Anlässen ab, da es zu sehr an jene Zeiten erinnerte, als die hohen Herren Geschichte machten und die Damen derweil Knickse im Stadttheater. Auch das Rau'sche Familienleben mit drei Kindern reizte die bunten Blätter zu mancher Homestory.

Auffälliger noch war Eva Luise Köhler, die Gattin des Überraschungspräsidenten von 2004. Von Beginn an wurde das sehr enge Verhältnis der Partner deutlich; ein Reporter des Stern schrieb: "Der ganze Präsident ist er nur mit ihr." Köhler begann als unkonventioneller, bürgernaher Präsident, doch als er 2010 an sich selbst scheiterte, ging seine Frau die letzten Amtswege mit. Bei seiner gespenstischen Rücktrittserklärung erinnerte sie ein wenig an Wilhelmine Lübke, sie stand zu ihrem Mann, auch in schlechten, sehr schlechten Zeiten.

Alles schien anders zu werden mit den Wulffs, dem jüngsten Bundespräsidentenpaar, das es je gab: moderner, patchworkartiger, glamouröser und gleichzeitig doch kleinbürgerlicher und normaler, weniger entrückt. Es gab schöne Kleider für Fotoshootings, aber auch Erklärungen von Bettina Wulff, man feiere Weihnachten wie jeder andere auch: "Er macht keinen Hehl daraus, dass er nicht kochen kann, aber gerne isst." Offen blieb, wie stark die junge Frau Christian Wulff in seinen zahlreichen unglücklichen Handlungen beeinflusste. Christina Rau hatte einmal über das Amt gesagt: "Die Frau an der Seite des Präsidenten ist ein echtes Risiko. Man kann ihr nicht den Mund verbieten."

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