Präsident Karsai:"Der Nato-Einsatz brachte Afghanistan viel Leid"

Präsident Karsai

Vernichtende Bilanz: Hamid Karsai zum Nato-Einsatz

(Foto: Getty Images)

Mehr als zehn Jahre waren Nato-Truppen in Afghanistan stationiert - derzeit bereiten sie ihren Abzug vor. Der Präsident des Landes, Hamid Karsai, zieht in einem Interview eine vernichtende Bilanz des Militäreinsatzes. Dieser habe dem Land weder Sicherheit noch andere Vorteile gebracht.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat eine negative Bilanz des internationalen Militäreinsatzes in seinem Land gezogen. Der Nato-Einsatz habe Afghanistan "viel Leid gebracht, den Verlust zahlreicher Leben und keine Vorteile, denn das Land ist nicht sicher", sagte Karsai der britischen BBC.

Karsai kritisierte, die Nato habe sich in inkorrekter Weise auf den Kampf gegen afghanische Dörfer konzentriert anstatt auf die sicheren Häfen der Taliban in Pakistan. Es reiche ihm nicht festzustellen, dass es in Aghanistan jetzt teilweise Sicherheit gebe. "Wir wollten absolute Sicherheit und einen klar umrissenen Krieg gegen den Terrorismus", sagte das afghanische Staatsoberhaupt.

Die ausländischen Kampftruppen in Afghanistan bereiten derzeit ihren Abzug vor, der bis Ende 2014 abgeschlossen sein soll. Die Sicherheitsverantwortung soll nach und nach von afghanischen Kräften übernommen werden; am Sonntag übergab die Bundeswehr das Feldlager Kundus an die einheimische Polizei und Armee.

In den vergangenen Monaten verschlechterte sich allerdings die Sicherheitslage im Land zusehends. In der ersten Jahreshälfte wurden nach UN-Angaben mehr als tausend Zivilisten bei Kämpfen und Anschlägen getötet, deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum.

Gespräche mit den Taliban

Afghanistan und die USA verhandeln seit längerem darüber, wie sie ihr Verhältnis nach dem Abzug der Nato-Kampftruppen gestalten sollen. Karsai dämpfte nun die Hoffnungen auf einen schnellen Abschluss der Sicherheitsvereinbarung. "Wenn diese Vereinbarung Afghanistan nicht Frieden und Sicherheit bringt, dann wollen die Afghanen sie nicht", sagte er. Wenn keine Einigung mit den USA erzielt werde, "dann werden wir natürlich getrennte Wege gehen".

Die USA hoffen, die Gespräche noch vor der Wahl von Karsais Nachfolger in einem halben Jahr zum Abschluss zu bringen. Es habe bereits Fortschritte gegeben, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums am Montag. Die Verhandlungen seien jedoch "komplex".

Karsai wird nur noch etwa sechs Monate an der Spitze des Landes stehen. Er darf sich nicht zum dritten Mal um das Amt des afghanischen Präsidenten bewerben. Politische Priorität habe für ihn, Afghanistan Frieden und Sicherheit zu bringen, sagte er der BBC. Das beinhalte auch eine Vereinbarung mit den Taliban über eine Machtteilung. Seine Regierung führe aktiv Verhandlungen mit den Islamisten. Auch sie seien Afghanen, fügte er hinzu.

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