Pränataldiagnostik:Frauenbild

Ein Kind mit Down-Syndrom? Lasst Frauen selbst entscheiden.

Von Kathrin Zinkant

Künftig werden Schwangere in Deutschland auf Kosten der Kassen von der zwölften Schwangerschaftswoche an mit einem Bluttest klären können, ob ihr Kind an einem Down-Syndrom leidet. Die Vorsitzende einer Behindertenorganisation hat deshalb vor einer Zunahme der Abtreibungen gewarnt. Und klar, es klingt plausibel: Wenn Frauen in dieser behindertenfeindlichen Gesellschaft nun auch noch kostenfrei über den Status ihres ungeborenen Kindes Gewissheit erlangen - dann kennen diese Mütter doch kein Halten mehr. Oder?

Vielleicht sollten die Kritiker der Blutanalyse ihr Frauenbild überprüfen. Und sie könnten sich fragen, welche Kinder in dieser in Wahrheit recht behindertenfreundlichen Gesellschaft am häufigsten abgetrieben werden. Es sind zu 96 Prozent gesunde Kinder, deren Mütter sich nicht zur Mutterschaft in der Lage fühlen. Man kann darüber streiten, ob diese Abtreibungen alle zwingend sind. Aber der zugrunde liegende Respekt vor der Selbstbestimmung der Frauen ist eine bedeutende Errungenschaft dieser Zeit.

Und noch eine Errungenschaft ist wichtig: Wahlfreiheit. Immer mehr Paare können heute entscheiden, wissentlich ein behindertes Kind zu bekommen. Genauso können sie sich dagegen entscheiden. Den einen gebührt Bewunderung, den anderen Mitgefühl. Denn es wird in den Fällen des Down-Syndroms bei der Spätabtreibung bleiben. Und wer denkt, dass dies als Strafe jenen recht geschieht, die sich gegen ein behindertes Kind entscheiden - sollte von einem nicht mehr sprechen. Von Ethik.

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