PR-Manager Peter Brown:Lennons Trauzeuge - Gaddafis Spindoktor

Vom Freund des Pazifisten John Lennon zum PR-Berater von Gaddafi: Peter Brown gehörte in den sechziger Jahren zum Umfeld der "Beatles". Heute muss er sich dafür rechtfertigen, dass seine Firma die Despoten von Libyen und Syrien ins rechte Licht rückte. Die Konkurrenz bandelt derweil mit den Rebellen an.

Anja Treiber

In den sechziger Jahren hätten ihn viele beneidet. Peter Brown war die rechte Hand von Brian Epstein, dem berühmten Manager der Beatles - und damit ganz nah dran an den britischen Stars. Mit dem Musiker und Friedensaktivisten John Lennon war er so gut befreundet, dass er bei dessen Hochzeit mit Yoko Ono Trauzeuge gewesen ist. Lennon erwähnte ihn danach sogar in dem Lied The Ballad of John and Yoko mit der Zeile "Peter Brown called to say 'You can make it OK, you can get married in Gibraltar near Spain". Knapp zwanzig Jahre später schrieb Brown das Enthüllungsbuch The Love You Make: An Insider's Story of the Beatles über seine Zeit mit der Band.

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Peter Brown war der Freund und Trauzeuge John Lennons - später beriet er den libyschen Despoten Muammar al-Gaddafi.

(Foto: Getty Images/AFP)

Während Lennon bis zu seinem Tod mit Liedern wie Imagine für den Weltfrieden eintrat, schlug Peter Brown eine Richtung ein, die der Pazifist ihm sicher übelgenommen hätte. Denn mit Frieden sollen manche seiner Kunden nicht viel zu tun haben. Brown ist Chef von Brown Lloyd James (BLJ), einem weltweit agierenden Unternehmen für Öffentlichkeitsarbeit. Es soll Libyen und Syrien offenbar dabei geholfen haben, ihr Image in den USA aufzupolieren, berichtete die Financial Times unter Berufung auf Informationen des amerikanischen Justizministeriums.

Dem Bericht zufolge hat BLJ seit 2008 für Hassan Tatanaki, einen libyschen Unternehmer mit guten Beziehungen zur Familie von Gaddafi, gearbeitet. Jener soll zwar die Rechnungen bezahlt haben, Nutznießer aber seien die Gaddafis gewesen, zum Beispiel Saif al-Islam, einer der Söhne des Despoten. Dieser reiste 2008 zum ersten Mal in die USA und traf den damaligen US-Präsidenten George W. Bush. Das Treffen sollen die Mitarbeiter von BLJ arrangiert haben.

Als Muammar al-Gaddafi ein Jahr später bei den Vereinten Nationen auftrat, sollen die PR-Experten nach Informationen der Financial Times "logistische Unterstützung" geliefert haben. Der Despot hielt dort eine umstrittene Rede, bei der er den Sicherheitsrat der Staatengemeinschaft als "Terror-Rat" beschimpfte und die UN-Charta vor den Augen seiner Zuhörer zerriss. John Lennon wäre mit diesem Auftritt sicher nicht einverstanden gewesen. Die Firma von Brown erklärte dazu: "Wir haben Gaddafi nicht zum Inhalt beraten oder ihm geraten, solche Reden zu halten." Aber davon abhalten konnten sie ihn auch nicht.

Warum die Berater überhaupt die Zusammenarbeit mit Libyen eingingen, versuchte der Firmenchef so zu erklären: "Wir hatten die Hoffnung, dass sich die Welt verändert", sagte Peter Brown der Financial Times. Libyen habe seinerzeit enorme Fortschritte gemacht. Außerdem habe er sich, als er für Libyen und Syrien arbeitete, mit seiner Tätigkeit auf Linie der amerikanischen Politik befunden, sagte Brown.

Gaddafi blieb nicht der einzige Despot in der Kundenkartei des Unternehmens. BLJ soll in Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung bei einem Artikel über die Despoten-Gattin Asma al-Assad mitgeholfen haben, der im amerikanischen Magazin Vogue veröffentlicht wurde. Der Artikel erschien im Februar 2011, kurz bevor Assad begann, die Aufstände in seinem Land brutal niederzuschlagen. Inzwischen ist das Porträt auf der Homepage des Magazins nicht mehr abzurufen, mehrere amerikanische Medien verweisen jedoch auf den Text.

Die PR-Agentur BLJ ist nicht die einzige Firma, die mit Geschäftsbeziehungen zu menschenverachtenden Regimen Geld verdient hat. Auch die Unternehmensberatung Monitor Group, die von Professoren der Elite-Universität Harvard gegründet wurde, geriet wegen ähnlicher Geschäfte in Erklärungsnot. Bereits im März berichtete The Boston Globe, das Unternehmen habe von 2006 bis 2008 monatlich 250.000 Dollar dafür erhalten, dass es das Image von Libyen aufzupolieren half. Monitor Group erklärte dem US-Medium gegenüber, dies sei ein Fehler gewesen.

Das nächste Ziel? Iran!

Gaddafis bevorstehender Sturz bedeutet nicht, dass solche Geschäfte mit Libyen nicht mehr stattfinden. Jetzt sind es die Rebellen, die um ihr Ansehen in der Öffentlichkeit bemüht sind. Auch sie werden dabei offenbar von Beraterfirmen unterstützt. So sollen die US-Unternehmen Patton Boggs und Harbour Group dem Übergangsrat dabei geholfen haben, Aufmerksamkeit für seine Anliegen zu erzielen, schreibt das amerikanische Magazin The Atlantic. Patton Boggs beschreibt sich auf der firmeneigenen Homepage als Spezialist für Lobbyarbeit und rühmt sich enger Kontakte zur politischen Elite in Washington. Die Harbour Group bietet Öffentlichkeitsarbeit und Krisenkommunikation an und sitzt ebenfalls in Washington.

Libyan leader Gaddafi pretends to rip a charter as he addresses the 64th United Nations General Assembly at the U.N. headquarters in New York

Für den Auftritt vor der UN-Versammlung im September 2009, als Muammar al-Gaddafi vor den Augen der Zuhörer die UN-Charta zerriss, sollen PR-Berater "logistische Unterstützung" geleistet haben.

(Foto: REUTERS)

Um mit den Rebellen zu besprechen, wie man am besten an Geld aus dem eingefrorenen Gaddafi-Vermögen gelangen könne, soll ein Mitarbeiter von Patton Boggs nach Bengasi gereist sein, berichtet The Atlantic. Außerdem unterstützen Patton Boggs und die Harbour Group angeblich den Gesandten der libyschen Übergangsregierung, Ali Suleiman Aujali. "Sie stellen die Kontakte zu den richtigen Leuten her. Sie reagieren in den richtigen Momenten. Sie geben die richtigen Statements ab", wird Aujali in The Atlantic zitiert.

Die Harbour Group verlangt für ihre Tätigkeit kein Geld von den Rebellen. Das Unternehmen hoffe jedoch auf eine langfristige, lukrative Partnerschaft. Patton Boggs soll zwar ein Honorar verlangen, aber die Rechnung erst dann stellen, wenn die Rebellen die Staatskasse übernommen haben.

Auch der einstige Lennon-Trauzeuge Brown scheint trotz aller öffentlichen Kritik nach neuen Kunden Ausschau zu halten: "Ich würde sehr gerne mit Iran zusammenarbeiten, da gibt es Gemeinsamkeiten, die es zu nutzen gilt", sagte er der Financial Times. Die Fans des verstorbenen Beatles-Star John Lennon werden es mit Grauen hören.

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