Powell-Nachfolge:Sicheitsberaterin Rice soll US-Außenministerin werden

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Präsident George W. Bush habe sich für Condoleezza Rice als Nachfolgerin für Colin Powell entschieden, melden US-Fernsehsender unter Berufung auf hohe Regierungsvertreter. Für seine letzte Amtshandlung hat sich Powell viel vorgenommen: Er fliegt noch einmal in den Nahen Osten.

Die Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice soll nach Angaben aus Regierungskreisen in Washington neue Außenministerin der Vereinigten Staaten werden.

Nachfolgerin: Condoleezza Rice und der zurückgetretene Außenminister Colin Powell. (Foto: Foto: AP)

Wie zwei ranghohe Beamte der Bush-Regierung am Montagabend mitteilten, soll die Entscheidung über die Nachfolge von Colin Powell an der Spitze des State Departement am Dienstag offiziell bekannt gegeben werden.

Wenige Stunden zuvor hatte Powell seinen Rücktritt eingereicht. US-Präsident George W. Bush würdigte seinen scheidenden Minister als "Staatsmann" und "großen Patrioten".

Die erste Frau im Sicherheitsrat

Rice gilt als eine der engsten Vertrauten Bushs und leitete während dessen erster Amtszeit im Weißen Haus als erste Frau den mächtigen Sicherheitsrat. In dieser Funktion überwachte sie die Arbeit der Sicherheitsbehörden und definierte die Prioritäten in der Sicherheitspolitik.

Rice war bereits seit Monaten als mögliche Nachfolgerin Powells für den Fall eines Wahlsiegs Bushs im Gespräch. Die Politikwissenschaftlerin spricht fließend Russisch und gilt als Expertin für Rüstungskontrollfragen.

Nach Angaben der beiden Regierungsbeamten soll der bisherige Stellvertreter von Rice, Stephen Hadley, künftig den Posten als Nationaler Sicherheitsberater übernehmen. Hadley beriet Bush während des Wahlkampfes vor vier Jahren in außenpolitischen Fragen. Powell hatte erklärt, er werde noch so lange im Amt bleiben, bis der US-Senat seinen Nachfolger gebilligt habe.

"Soldat" und "Diplomat"

Powell sei ein "Soldat" und ein "Diplomat" und werde in der Regierungsmannschaft vermisst werden, erklärte Bush in Washington. Der scheidende Außenminister sei einer der Großen im Dienste des Staates; er wisse seine Freundschaft zu schätzen.

"In seinen vier Jahren als Außenminister formte er neue Bündnisse, die Amerika helfen, den Krieg gegen den Terror zu gewinnen", hieß es in der Erklärung des Präsidenten. Auch habe Powell alte und ehrbare Freundschaften wiederbelebt.

Als Außenminister habe er dazu beigetragen, zwei große Koalitionen zu bilden, die mehr als 50 Millionen Menschen in Afghanistan und im Irak von "brutalen Ditatoren" befreit hätten und die diese Länder nun auf ihrem Weg zu einer erfolgreichen Demokratie unterstützten.

In seinem Rücktrittsbrief an Bush schrieb Powell, er sei "froh, einer Mannschaft angehört zu haben, die den globalen Krieg gegen den Terror begann" und "das afghanische und das irakische Volk befreite". Powell lobte Bush als "die Triebkraft unseres Erfolges" und dankte dem Präsidenten für die "Ehre und das Privileg", ihm zu dienen.

Powell und die Hardliner

Powells Stellvertreter Richard Armitage wird offenbar ebenfalls nicht mehr länger im Amt bleiben. Powell und Armitage seien "ein Team", sie seien zur gleichen Zeit ins Außenministerium gekommen und "werden zur gleichen Zeit gehen", betonte Außenamtssprecher Richard Boucher. Ob Armitage aber ebenso wie Powell bereits sein Rücktrittsschreiben eingereicht habe, konnte Boucher nicht sagen.

Powell war in den vier Jahren seiner Amtszeit immer wieder mit den Hardlinern im Kabinett Bush aneinander geraten, zu denen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dessen Stellvertreter Paul Wolfowitz und Vizepräsident Dick Cheney gezählt werden.

Nach der Wiederwahl Bushs war über eine Kabinettsumbildung spekuliert worden, bei der nicht nur Powell, sondern auch Rumsfeld seinen Rücktritt einreichen würde.

Der Pentagonchef hat nach eigenen Angaben mit Bush nicht über einen Rücktritt gesprochen. Weder persönlich noch schriftlich sei sein Verbleib im Amt Thema zwischen ihm und dem Präsidenten gewesen, sagte Rumsfeld in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito. Dass Colin Powell als Außenminister Rücktrittsabsichten hegte, habe er nicht gewusst.

"Er wird uns fehlen"

Der israelische Außenminister Silvan Schalom sagte während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Powell in Washington, der Rücktritt seines US-Kollegen sei "ein großer Verlust für Israel und ein großer Verlust für den Frieden im Nahen Osten".

Der australische Außenminister Alexander Downer sagte in einem TV-Interview, Powell sei "ein großer Freund Australiens" gewesen. "Er wird uns sicher fehlen."

Der Personalwechsel an der Spitze der US-Diplomatie kommt zu einer Zeit, in der die USA nach dem Tod von Palästinenser-Präsident Jassir Arafat um eine Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesse bemüht sind.

Powells letzte Reise

Powell, der wohl noch bis Mitte Januar im Amt bleiben wird, wird noch in diesem Monat in die Nahost-Region reisen, um möglicherweise mit palästinensischen Führern zusammenzukommen.

Neben Powell scheiden auch Agrarministerin Ann Veneman, Bildungsminister Rod Paige und Energieminister Spencer Abraham aus dem Kabinett aus. In der vergangenen Woche hatten bereits Justizminister John Ashcroft und Handelsminister Donald Evans ihren Rücktritt erklärt.

Ob Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Amt bleiben werde, sei unklar, verlautete indes aus Kreisen der Republikanischen Partei.

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