Potsdam:Vorentscheidung für Schwarz-Rot-Grün

Brandenburg steuert nach Drängen der SPD auf ein Kenia-Bündnis zu, alle Streitfragen scheinen bereits gelöst zu sein. Größter Verlierer ist die Linke. Bis zuletzt hatte sie sich Hoffnungen gemacht.

Von Jan Heidtmann

An diesem Montag beginnen in Potsdam die Verhandlungen über eine Regierung aus SPD, CDU und Grünen. Am Wochenende hatten auch die Grünen auf ihrem kleinen Parteitag mit deutlicher Mehrheit für Gespräche mit SPD und CDU gestimmt. Nach dem Votum sprach die Fraktionschefin der Brandenburger Grünen, Ursula Nonnemacher, von einem "sehr, sehr starken Ergebnis", mit dem sie so nicht gerechnet habe. Nonnemacher wie auch andere führende Grünen-Politiker hatten zuvor betont, dass sie lieber ein Bündnis mit SPD und Linken eingegangen wären. Sollte die rot-schwarz-grüne Koalition nun zustande kommen, wäre es neben Sachsen-Anhalt das zweite sogenannte Kenia-Bündnis in einem Bundesland.

In den Sondierungen hat man sich bei den Streitthemen bereits weitgehend geeinigt

Nach der Landtagswahl am 1. September hatte die SPD als stärkste Partei mit CDU, Grünen und Linken über mögliche Koalitionen verhandelt. Diese Sondierungen dauerten länger als geplant, vor allem da die Grünen auf weitere Gespräche gedrängt hatten. Am vergangenen Donnerstag dann fiel die Entscheidung gegen die Linke und für das Kenia-Bündnis. Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche sind in einem zehnseitigen Papier "Zusammenhalt, Nachhaltigkeit, Sicherheit" festgehalten. "In so einer Detailtiefe haben wir noch niemals sondiert," sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke. Seine Partei, die SPD, regiert Brandenburg seit 29 Jahren, zuletzt in einer Koalition mit der Linken.

Kleiner Parteitag der Grünen Brandenburg

Auf ihrem kleinen Parteitag in Brandenburg stimmen die Grünen über mehr Klimaschutz auf Landesebene ab. Dabei zeigen die Fridays for Future Proteste ihren Einfluss.

(Foto: Fabian Sommer/dpa)

Das Papier umfasst bereits weitgehende Vereinbarungen für alle wesentlichen Vorhaben, darunter auch strittige Themen wie der Braunkohletagbau und die Landwirtschaft. So konnten sich die Grünen mit ihrer Forderung durchsetzen, dass keine weiteren Tagebau-Projekte eröffnet werden. Der CDU ist es wichtig, den Windkraftgegnern in Brandenburg entgegenzukommen. Deshalb soll die Leistung alter Windräder verstärkt werden, bevor neue errichtet werden. "Die umfangreichen Sondierungen entlasten die Koalitionsverhandlungen von großen Knackpunkten", sagt CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Gleichzeitig warnen die Grünen davor, die getroffenen Vereinbarungen nun in den Verhandlungen zu zerreden. "Wir gehen davon aus, dass das Sondierungspapier die Grundlage ist", sagt Co-Parteichefin Petra Budke. "Sollte das nicht so sein, müssen wir auch keine Koalition eingehen."

Inhaltlich lagen die Ergebnisse der Gespräche von SPD und Grünen über ein Bündnis mit der Linken und die der Kenia-Verhandler nicht weit auseinander. Am Ende hatte die SPD auf ein Bündnis mit der CDU statt der Linken gedrängt. Im Landtag hätte es eine Mehrheit von sechs Stimmen, während eine rot-rot-grüne Koalition nur über eine Stimme Mehrheit verfügen würde. Da die AfD bei der Landtagswahl kräftig zulegen konnte und 23 Abgeordnete stellt, sei es besonders wichtig, eine stabile Mehrheit für eine Regierungskoalition zu haben, heißt es bei der SPD.

Die Linke ist hinter der AfD die kleinere Oppositionspartei, mit nur noch zehn Abgeordneten

Die Linke hat bei der Wahl fast acht Prozentpunkte verloren und ist nur noch mit zehn Abgeordneten vertreten. "Die Partei ist durch die Regierungszeit inhaltlich ausgelaugt", sagt René Wilke, Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder). Nach der verlorenen Wahl hatte er darauf gedrängt, erst gar keine Sondierungsgespräche aufzunehmen, sondern direkt in die Opposition zu gehen. Jetzt trage die Partei zusätzlich an dem Makel, als Koalitionspartner abgelehnt worden zu sein, sagt er. Dabei wird es für die Linke schon so schwierig genug, ihre neue Rolle zu finden.

"Dass wir Opposition können, das wissen wir", sagt Co-Parteichefin Anja Mayer. Doch im Landtag ist die Linke nun neben der AfD die kleinere Oppositionspartei und hat weit weniger Rechte gegenüber der Regierung. Problematisch werde es vor allem dann, wenn die AfD Anträge einbringe, die auch im Sinne der Linken seien, sagt Mayer. Zum Beispiel für einen Untersuchungssausschuss zur Arbeit der Treuhand. Eine Zusammenarbeit mit den hart Rechten sei jedenfalls ausgeschlossen. Die eigentliche Opposition werde deshalb vor Ort stattfinden, sagt Mayer. "Wir müssen draußen unsere Arbeit machen." So gesehen könne es auch eine Chance sein, nicht mehr an der Regierung zu sitzen, meint die Linken-Vorsitzende. "Das ist Zeit, die wir jetzt in die Partei investieren können. Das braucht sie auch."

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