Potsdam:Quotenregelung nach Urteil noch nicht abgeschrieben

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Ein Zettel mit der Aufschrift „Wahlurne Landtagswahl“ hängt an einer Wahlurne. (Foto: Patrick Pleul/zb/dpa/Symbolbild)

Nach dem Scheitern eines Paritätsgesetzes durch ein Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtes haben sich Politiker mehrerer Parteien kämpferisch gezeigt,...

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Berlin/Weimar/Erfurt (dpa) - Nach dem Scheitern eines Paritätsgesetzes durch ein Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtes haben sich Politiker mehrerer Parteien kämpferisch gezeigt, trotzdem Quotenregelungen einzuführen. Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth drückte ihr Unverständnis über das Urteil des Verfassungsgerichtshofs in Weimar aus. „Das Urteil des Thüringer Landesverfassungsgerichts will alles beim Alten belassen“, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Unsere Verfassung erlaubt dem Gesetzgeber, die Parteien zu verpflichten, Frauen und Männer in Parlamentswahlen paritätisch aufzustellen, und damit ist ein solches Gesetz verfassungskonform.“

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar hatte am Mittwoch eine Paritätsregelung im Thüringer Landeswahlrecht gekippt, wonach Parteien ihre Kandidatenlisten für Landtagswahlen abwechselnd mit Männern und Frauen besetzen müssen. Die Gesetzesänderung wurde für nichtig erklärt. Im Kern argumentierten die Verfassungsrichter, dass das Gesetz das Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie das Recht der politischen Parteien auf Betätigungsfreiheit, Programmfreiheit und Chancengleichheit beeinträchtige. Drei von neun Verfassungsrichtern hielten das Gesetz nicht für verfassungswidrig und gaben Sondervoten ab.

Nach Ansicht der Thüringer Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow zeigten die Sondervoten, dass es aus juristischer Sicht noch Spielräume für den Gesetzgeber gebe, die abwechselnde Besetzung von Wahllisten mit Männern und Frauen vorzuschreiben. Sie halte ein neues Paritätsgesetz in der nächsten Legislatur für möglich. Auch die Thüringer Grünen-Fraktion zeigte sich entschlossen, einen neuen Anlauf für ein Paritätsgesetz zu nehmen.

In deutschen Parlamenten herrscht ein deutlicher Männer-Überschuss. In vielen Landtagen liegt der Frauenanteil nur bei etwa einem Drittel oder darunter. Spitzenreiter ist Hamburg mit 44,7 Prozent, Schlusslicht Sachsen-Anhalt mit 21,8 Prozent.

Süssmuth sagte, das Urteil verkenne den gesellschaftlichen Wandel und insbesondere die im Grundgesetz Artikel 3, Absatz 2, Satz 2 geforderte Förderung der Gleichberechtigung und Gleichstellung. Dort heißt es wörtlich: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt verwies auf diesen Passus und sagte in den ARD-„Tagesthemen“, es sei mit dem Weimarer Urteil „längst nicht vorbei“. „Alle, die sagen, beim ersten Versuch, dann geben wir schon auf - das ist natürlich nicht so.“ Die Grünen würden „auch für den Bund dafür kämpfen, dass es ein solches Gesetz gibt, dass die Gleichberechtigung im Parlament auch gewährleistet“. Die Grünen fordern nun eine überparteiliche Kommission, die Vorschläge für ein rechtssicheres Paritätsgesetz erarbeiten soll.

Allerdings zeigte sich die SPD bei dem Vorschlag skeptisch. „Eine Kommission macht nur Sinn, wenn im Bundestag klar ist, es geht mindestens um quotierte Listen“, sagte SPD-Fraktionsvize Katja Mast der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Dazu können sich bis heute aber weder CDU und CSU, noch die FDP durchringen.“

Zugleich betonte die SPD-Politikerin: „Das Ziel der SPD ist klar - echte Parität in allen Parlamenten. Die unzureichende Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten hat strukturelle Gründe. Hier haben wir kein Erkenntnis- sondern eine Handlungsproblem.“

Mast betonte, der Staat habe den Verfassungsauftrag, aktiv auf die Durchsetzung der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen hinzuwirken. „Wir haben Handlungsbedarf gerade auch in den Parlamenten. Dazu ist die Wahlrechtsreform der richtige Ort.“

Hennig-Wellsow erklärte zudem, sie wolle prüfen, ob die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichts durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden kann. Die Düsseldorfer Rechtswissenschaftlerin Sophie Schönberger glaubt jedoch nicht an einen Gang nach Karlsruhe - und hält ihn für ausgeschlossen. „Mir ist völlig schleierhaft, wie das funktionieren soll“, sagte Schönberger der dpa.

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