Positionspapier der SPD:"Fortschritt für alle"

Die SPD geht mit einem neuen Schwerpunkt ins Wahljahr: In einem Positionspapier wagt die Partei eine neue Definition von Fortschritt. Die Mittel, durch die das "Wachstum für ein besseres Leben" erreicht werden soll, sind jedoch teils altbekannt.

N. Fried und R. Wiegand

Am Fortschritt der SPD haben Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier offenbar keinen Zweifel. Der Bundesvorsitzende und der Chef der Bundestagsfraktion begrüßten ihren ehemaligen Berliner Gefährten Olaf Scholz am Sonntag selbstbewusst als "künftigen Ersten Bürgermeister von Hamburg".

Wahlkampfauftakt der SPD Hamburg

"Sigmar, was ist Fortschritt für die SPD heute?", fragte Olaf Scholz (Mitte) den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel (rechts) beiläufig. Der hatte eine Antwort parat - die ausführliche Version davon ist ein Positionspapier von 43 Seiten Umfang.

(Foto: dapd)

Der ehemalige Bundesarbeitsminister und aktuelle Spitzenkandidat für die Hamburger Bürgerschaftswahl hatte die Spitze der Sozialdemokraten zur First-Class-Matinee über den Dächern der Hansestadt geladen, als "Warm-up" für die SPD-Klausurtagung an diesem Montag und Dienstag und einer Art Massenstart ins Wahljahr 2011. Hamburg ist am 20. Februar Auftakt für insgesamt sieben Landtagswahlen.

Punkten will die SPD dann auch mit einer eigenen Definition von Fortschritt. 43 Seiten umfasst ein Papier, das Steinmeier, Gabriel und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles zu diesem Thema verfasst haben und aus dem Gabriel in Hamburg erstmals zitierte. Scholz hatte seine Gäste zu diesem Zweck in cremefarbene Lounge-Sessel gebeten und wie beiläufig gefragt: "Sigmar, was ist Fortschritt für die SPD heute?"

Dazu muss man wissen, was Fortschritt für die SPD heute nicht mehr ist: Früher war es so, dass wirtschaftlicher und technischer Fortschritt Befreiung bedeuteten, höheren Lebensstandard für alle und soziale Sicherung. "Dieses Fortschrittsmodell ist brüchig und widersprüchlich geworden", heißt es jetzt im Programmentwurf der SPD-Spitze.

Zwei Milliarden mehr für Bildung - jedes Jahr

Fortschritt werde "wahrgenommen als Programm der Unsicherheit und der Verunsicherung, der Übermacht der Märkte und der Entdemokratisierung von Gesellschaft und Wirtschaft". Dies führe zu einer grundsätzlichen Ablehnung vieler Projekte, die von den Eliten als Fortschritt bezeichnet würden.

Die Sozialdemokratie will nun das bisherige Fortschrittsmodell verändern. Dazu soll "Wachstum für ein besseres Leben" gehören, Nachhaltigkeit, gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit. In der Wirtschaftspolitik setzt die SPD auf einen neuen Schub an Investitionen, vor allem die Investitionen der öffentlichen Hand sollen deutlich erhöht werden. Für private Investoren sollen steuerliche Anreize geschaffen werden. Die Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union soll stärker koordiniert und auf die Erschließung von Leitmärkten zum Beispiel im Umweltbereich ausgerichtet werden.

In der Finanz- und Steuerpolitik setzt die SPD auf eine höhere Belastung für Wohlhabende, insbesondere im Bereich der vermögensbezogenen Steuern. Um den Sozialstaat zu stabilisieren und aus Sicht der SPD gerecht zu gestalten, treten die Sozialdemokraten für die Bürgerversicherung im Gesundheitswesen und die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein.

In der Bildungspolitik will die SPD in den kommenden fünf Jahren eine Steigerung der Ausgaben des Bundes um jährlich zwei Milliarden Euro erreichen. Das Geld soll in einem Sondervermögen angelegt werden, um politischer Willkür entzogen zu werden. Bekräftigt wird die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn. Außerdem setzt sich die SPD für eine Ausweitung der Mitarbeiterbeteiligung ein.

Das gesamte Positionspapier "Neuer Fortschritt und mehr Demokratie" finden Sie hier.

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