Portugal:Mann der Versöhnlichkeit

Portugal: "Das ist mein, euer, unser aller Auftrag!"Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa stellte bei seiner ersten Rede nach der Wahl die Corona-Bekämpfung in den Mittelpunkt.

"Das ist mein, euer, unser aller Auftrag!"Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa stellte bei seiner ersten Rede nach der Wahl die Corona-Bekämpfung in den Mittelpunkt.

(Foto: PATRICIA DE MELO MOREIRA/AFP)

Der Konservative Marcelo Rebelo de Sousa gewinnt klar die Präsidentenwahl in Portugal. Die gute Zusammenarbeit mit der sozialistischen Regierung, die seine erste Amtszeit kennzeichnete, wird das Land angesichts der Verheerungen der Pandemie weiter dringend brauchen.

Von Sebastian Schoepp, München

Portugal hat eine desaströse Corona-Woche hinter sich: bei Ansteckungen und Todeszahlen belegt das Land weltweit einen traurigen Spitzenplatz. Vor diesem Hintergrund hatte es lautstarke Forderungen gegeben, die Präsidentenwahl von Sonntag zu verschieben, doch das ist laut Verfassung nicht so leicht möglich. Das erklärt wohl, warum kaum mehr als 40 Prozent der Wähler ihre Stimme abgaben. Sieger ist mit fast 61 Prozent klar Amtsinhaber Marcelo Rebelo de Sousa, es war eine deutliche Verbesserung gegenüber seiner ersten Wahl im Jahr 2016, als er 52 Prozent holte.

Die zweitplatzierte Sozialistin Ana Gomes erhielt nur etwa 13 Prozent der Stimmen, der Rechtsextreme André Ventura fast zwölf Prozent, ein Novum in Portugal. Der 72 Jahre alte Konservative Rebelo de Sousa machte bei seiner ersten Rede nach der Wahl gleich klar, worum es in seiner zweiten Amtszeit vor allem gehen wird: Der Kampf gegen die Pandemie sei das Allerdringendste. "Das ist mein, euer, unser aller Auftrag!"

Rebelo de Sousas Beliebtheit gründet sich auf seine menschliche Nähe und Wärme, die Bekanntheit des früheren Jura-Professors resultiert nicht zuletzt aus seiner Fernsehkarriere als TV-Plauderer und Kommentator. "Presidente dos afetos" wird er genannt, Präsident der Zuneigung. Vor der Pandemie herzte und küsste er die Menschen, wo er nur konnte, seit Corona beschränkt er diese sehr portugiesische Art der Politik auf Aufrufe zu Gemeinschaft und Versöhnlichkeit. Damit weiß er sich in einem Grundbedürfnis mit einer Mehrheit seiner Landsleute auf einer Linie, schon während der Euro-Krise fanden die politischen Lager Portugals sehr viel leichter zusammen als etwa im benachbarten Spanien.

Die Ansiedlung großer Konzerne brachte Aufschwung

Als Präsident ist Rebelo de Sousa aber nicht nur für das Gemüt zuständig, das Staatsoberhaupt in Portugal kann sein Veto gegen Gesetze einlegen oder das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Zusammenarbeit zwischen Präsident und Regierungsspitze tut also not, und die hat Portugal bisher viel politische Stabilität gebracht. Mit dem sozialistischen Regierungschef António Costa versteht Rebelo de Sousa sich gut - so gut, dass Costa im Präsidentschaftswahl eher den "linkesten Konservativen Portugals" unterstützte, wie die Zeitung El País im Nachbarland Spanien Rebelo de Sousa mal genannt hat, als seine eigene Genossin Ana Gomes. Die Sozialistin war als Unabhängige mit einem eher grünen Programm angetreten.

Der Kurs der Zusammenarbeit von Costa und Rebelo de Sousa zeitigte in den vergangenen Jahren Früchte. Die Wirtschaft des Landes, das 2011 einen europäischen Notkredit von 78 Milliarden Euro brauchte, hatte sich vor der Pandemie etwas erholt - trotz der weiterhin bestehenden strukturellen Probleme und der geringen Wettbewerbstauglichkeit. Die Ansiedlung großer internationaler Konzerne wie Google, vor allem aber der Tourismus, brachten dem Land Aufschwung, die Arbeitslosigkeit sank. Der Fremdenverkehr aber liegt jetzt natürlich darnieder. Um die langsame Erholung nicht vollends zu zerstören, hatte es Portugal lange Zeit mit einem milden Lockdown versucht. Seit Kurzem aber gelten harte Einschränkungen. Am Freitag wurden auch Kitas, Schulen und Universitäten geschlossen.

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