Portugal:Begrenzt haltbar

Portugal: Antonio Costa, Chef der portugiesischen Sozialisten, hatte bereits eine Linkskoalition für sein Land geschmiedet: Doch der Staatspräsident ließ ihn abblitzen.

Antonio Costa, Chef der portugiesischen Sozialisten, hatte bereits eine Linkskoalition für sein Land geschmiedet: Doch der Staatspräsident ließ ihn abblitzen.

(Foto: Armando Franca/AP)

Portugal hat eine neue Regierung - es ist die gleiche wie bisher, jedoch hat sie im Parlament keine Mehrheit mehr. Die haben die Linken - doch die will der konservative Staatspräsident von der Macht fernhalten.

Von Thomas Urban, Madrid

Trotz der Bildung einer neuen Regierung hält die politische Instabilität in Portugal an. Der bisherige Ministerpräsident Pedro Passos Coelho stellte gut drei Wochen nach der Parlamentswahl am Dienstagabend sein neues Kabinett vor. Wie die bisherige Regierung wird es von der liberalkonservativen PSD und der kleineren konservativen Volkspartei PP getragen. Allerdings kann sich das Bündnis nur auf 105 der 230 Sitze im neuen Parlament in Lissabon stützen. Die drei links orientierten Oppositionsparteien haben angekündigt, mit ihrer Mehrheit bei der ersten Gelegenheit die Minderheitsregierung zu stürzen und selbst gemeinsam die Macht zu übernehmen. Dies versucht allerdings der konservative Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva zu verhindern.

Der Chef der Sozialistischen Partei (PS), António Costa, hatte in der vergangenen Woche angekündigt, er habe ein Bündnis mit den Kommunisten und Grünen (CDU) sowie dem Linksblock (BE) geschmiedet, das bereit sei, die Regierung zu übernehmen. Es verfügt über eine knappe Mehrheit im Parlament. Doch Präsident Cavaco Silva legte in einer Fernsehansprache dar, dass er eine Koalition mit den Kommunisten nicht zulassen werde, da diese an den Grundfesten der portugiesischen Demokratie rüttelten und außerdem das Land aus der Europäischen Union sowie der Nato führen möchten.

Er appellierte an Sozialistenchef Costa, zum Wohle des Landes eine große Koalition mit der liberal-konservativen Partei des bisherigen Regierungschefs Passos Coelho zu bilden, die bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten hatte. Doch das will Costa nicht.

Passos Coelho bildete also stattdessen eine Minderheitsregierung, deren Mitglieder an diesem Freitag den Amtseid ablegen sollen. Auf den wichtigsten Posten gab es keine Veränderung: Vizepremier bleibt Paulo Portas, Finanzministerin María Luis Albuquerque und Außenminister Rui Machete. Die Mitte-rechts-Koalition hatte in den letzten vier Jahren ein striktes Sparpaket durchgesetzt. Sie erreichte bei den Wahlen 38,5 Prozent der Stimmen und verlor die absolute Mehrheit. Die Sozialisten (PS) schnitten mit 32,3 Prozent schlechter ab als erwartet. Der Linksblock (BE) war auf 10,2, die grünen Kommunisten von der CDU auf 8,2 Prozent gekommen.

PS-Chef Costa hatte angesichts des enttäuschenden Abschneidens seiner Partei noch am Wahlabend eigentlich angekündigt, dass er der Bildung eines Kabinetts durch Passos Coelho nicht im Wege stehen werde. Im Wahlkampf hatte er nicht verhehlt, im Falle seines Sieges das Sanierungsprogramm im Großen und Ganzen fortführen zu wollen, wenn auch mit einigen Verschiebungen zugunsten der sozial Schwächeren. Doch wenige Tage nach den Wahlen änderte Costa seine Meinung. Er begann Verhandlungen mit dem BE und der CDU, die das Sanierungsprogramm sofort beenden möchten.

Im Wahlkampf hatten beide Gruppierungen sich mit Versprechen über soziale Wohltaten auf Pump überboten. Ein Teil der portugiesischen Kommentatoren warf Costa deshalb Wahlbetrug vor. In Kreisen der PSD rechnet man damit, dass Sozialistenchef Costa mit seinem Versuch, eine Koalition mit den Linksextremen zu schließen, auf Widerstand im eigenen Lager stoßen dürfte. Die Linken stehen inhaltlich der griechischen Syriza nahe und lehnen das Sparprogramm ab.

Dieses ist das Ergebnis einer Übereinkunft zwischen Lissabon und Internationalem Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU, die 2011 das Land mit Kreditgarantien über 78 Milliarden Euro vor dem Staatsbankrott gerettet haben. In den vier Jahren sind mehrere Versuche der Gewerkschaften und linker Gruppen, mit einem Generalstreik die Regierung Passos Coelho in die Knie zu zwingen, gescheitert. Das Rückgrat der portugiesischen Volkswirtschaft stellen kleinere und mittlere Betriebe dar, von denen viele die Verringerung der Staatsausgaben begrüßen.

Auch Staatspräsident Cavaco Silva hält die Fortsetzung des Sparkurses für eine Voraussetzung für die Gesundung der Wirtschaft. Er hatte selbst als Premier in den neunziger Jahren einen vorübergehenden Wirtschaftsaufschwung eingeleitet. Die Verfassung gibt dem Staatspräsidenten das Recht, den Kandidaten für das Amt des Regierungschefs zu benennen. Allerdings endet die Amtszeit Cavaco Silvas im Präsidentenpalast im Januar 2016. Sollte das Regierungsprogramm Passos Coelhos, das dieser bis zum 9. November vorstellen muss, von der Parlamentsmehrheit abgelehnt werden, so muss der Premier seinen Rücktritt einreichen. Doch könnte er geschäftsführend bis Sommer 2016 im Amt bleiben. Ein neuer Staatspräsident darf nämlich in den ersten sechs Monaten nach seinem Amtsantritt laut Verfassung keine Neuwahlen ausschreiben.

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