Portrait: Philipp Rösler:Keine Angst vor Reizthemen

Philipp Rösler will mehr als bauchreden: Der 36-jährige Senkrechtstarter galt schon länger als Hoffnungsträger der FDP. Jetzt soll der 36-jährige Senkrechtstarter Gesundheitsminister werden.

Er ist leidenschaftlicher Bauchredner, aber alles andere als ein Spaßpolitiker: Philipp Rösler, FDP-Landesvorsitzender und Wirtschaftsminister in Niedersachsen - und vermutlich neuer Bundesgesundheitsminister.

Portrait: Philipp Rösler: Im Landtag von Niedersachen hat er gelernt, seine Streitlust dosiert einzusetzen: Der designierte Gesundheitsminister Philipp Rösler.

Im Landtag von Niedersachen hat er gelernt, seine Streitlust dosiert einzusetzen: Der designierte Gesundheitsminister Philipp Rösler.

(Foto: Foto: dpa)

Ein Satz allerdings wird den erst 36-jährigen Senkrechtstarter in Zukunft begleiten. Als er 2003 mit der FDP den Einzug in den Landtag in Hannover schaffte, verblüffte der gerade 30-Jährige Freund und Feind gleichermaßen mit der Ankündigung, mit 45 Jahren sei für ihn Schluss als Politiker.

Als gebürtiger Vietnamese unterscheidet sich Rösler im Aussehen deutlich von anderen Politikern, aber auf Unterscheidbarkeit hat er auch in Politikfragen stets großen Wert gelegt. Er ist Arzt und hat diesen Beruf bis zur Wahl in den Landtag Anfang 2003 auch bei der Bundeswehr ausgeübt. Dann aber reichte sein erster Auftritt im Landtag, um aus ihm einen Star mindestens für die Verhältnisse der niedersächsischen Landespolitik zu machen.

Rösler redete frei und druckreif, er fand genau den richtigen Mittelweg zwischen Angriffslust und Seriosität. Meist deutlich in der Sache aber unerschütterlich fröhlich-freundlich im Ton, das verschaffte ihm Respekt.

Solidarität im Wertekanon

Und er brachte sich in den Folgejahren Schritt für Schritt auf ganze eigene Art in der liberalen Partei auch auf Bundesebene als Hoffnungsträger ins Gespräch. Rösler scheut sich nicht, das Wort Solidarität in den Mund zu nehmen. Natürlich gehöre es zum Wertekanon der Liberalen, "dass der Starke dem Schwachen hilft". Und er ist inzwischen der prominenteste Mahner, der die eigene Partei vor einer Verengung auf Wirtschafts- und Steuerthemen warnt.

Folgerichtig bot er im niedersächsischen Landtag dem CDU-Koalitionspartner immer dann Paroli, wenn aus seiner Sicht die Liberalität in der Rechts- und Sicherheitspolitik auf der Strecke zu bleiben drohte.

Blitzkarriere

Rösler wurde 1973 in Vietnam geboren und noch im selben Jahr von einer deutschen Familie adoptiert. Er wuchs in Hamburg und Bückeburg auf und ließ sich am Hamburger Bundeswehrkrankenhaus zum Mediziner ausbilden. Er ist verheiratet und seit einem Jahr Vater von Zwillingsmädchen.

Bereits im Jahr 2000 bekam der damals 26-Jährige seinen ersten wichtigen Posten bei der niedersächsischen FDP. Er wurde ehrenamtlicher Generalsekretär der Landespartei. Drei Jahre später führte er die Liberalen mit seinem politischen Ziehvater, dem FDP-Landesvorsitzenden Walter Hirche, zurück in den Landtag und wurde dort Fraktionschef. 2006 übernahm er zusätzlich den Landesvorsitz.

Nicht nur Freunde

Ein Jahr später schaffte Rösler mit einem der besten Ergebnisse die Wiederwahl ins Parteipräsidium, Anfang 2008 gelang der FDP unter seiner Führung mit 8,2 Prozent ein erneuter Erfolg bei der Landtagswahl. Trotzdem machte sich Rösler in der Partei nicht nur Freunde: Erst legte er sein Thesenpapier "Was uns fehlt" vor, dann wartete er mit der Forderung nach einem neuen Grundsatzprogramm der Liberalen auf. "Die Bundespartei weigert sich da schlichtweg", muss er dann aber nüchtern konstatieren. Mit dem FDP-Generalsekretär Dirk Niebel habe er sich über seine Initiative "richtig gestritten", räumt er unumwunden ein.

Bei den Koalitionsverhandlungen rang Rösler als FDP-Verhandlungsführer mit der ebenfalls aus Niedersachsen stammenden Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) um einen Kompromiss zur Gesundheitspolitik. Nun scheint sich seine genau dosierte Streitlust auch für die eigene Karriere zu lohnen.

Angesprochen auf Berliner Ambitionen hatte er stets gekontert: "Wer in Berlin nichts gewinnen will, läuft auch nicht Gefahr, etwas in Berlin zu verlieren". So argumentieren Gewinner.

Schon kurz nach den Vertragsverhandlungen hat der designierte Bundesgesundheitsminister die von der künftigen schwarz-gelben Koalition geplante grundlegende Gesundheitsreform verteidigt. "Wir beschreiten den Weg in ein robustes Gesundheitssystem, das nicht mehr alle zwei bis drei Jahre reformiert werden muss. Das System wird besser, ohne teurer zu werden", sagte er dem Hamburger Abendblatt. "Wir gehen davon aus, dass die Versicherten keine höheren Beiträge zahlen werden, als das heute der Fall ist." Rösler wies den Vorwurf sozialer Ungerechtigkeit zurück.

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